Kann man den Beruf Literat erlernen?

Was haben Silvio Huonder, Michael Stauffer und Ruth Schweikert gemein? Richtig, sie schreiben Bücher, also Romane. Aber sie unterrichten auch am Literaturinstitut Biel „Literarisches Schreiben“. Der Sinn einer Ausbildung zum Schriftsteller ist in der Literaturszene nach wie vor umstritten. In den Vereinigten Staaten werden einige Starautoren aus entsprechenden Schulen besonders gefördert und von Verlagen und Presse gehätschelt; das lässt befürchten, dass Talente, ja Genies, die untauglich für disziplinierte Schulbetriebe sind, keine Chance mehr bekämen. Die Gefahr der Aufzucht einer Textkultur mit Normen, die dem zahlungsfreudigen Zeitgeistpublikum entsprechen, läge da auf der Hand. Anbieter und Dozenten werden dies heftig in Abrede stellen und auf die grundsätzlichen Handfertigkeiten verweisen, die ja in jeder Kunstform ebenso erlernt werden müssten wie beispielsweise in der Bildenden Kunst oder im Journalismus.

Schreiben Autorinnen und Autoren bewusst auf ein Zielpublikum hin? Weiß der Schreibende ob er einen Leser bedienen möchte,  der eher einen flüssigen Plot oder verschwurbelte Sprachkapriolen oder eine tiefenpsychologische Innenschau bevorzugt? Welche Sprache wird zur Literatur? Ist es, nebenbei gefragt, ein Unterschied, ob ich für DIE ZEIT oder ZÜRICH WEST schreibe? Müsste ich meinen Stil der Blätter anpassen?

Zurück zur hohen Literatur. Der Schriftsteller Felix Philipp Ingold bemängelte vor kurzem in der NZZ das durchschnittliche Sprachniveau des Großteils der aktuellen Literatur. Wirken die Schreibschulen wie diejenige in Biel einem solchen Mangel entgegen? Allerdings ist es erstens schwierig, eine erwünschte Qualität zu definieren; zweitens wäre auch die Diskussion darüber zu führen, ob sich zurzeit Verlegerinnen und Verleger überhaupt noch auf das dünne Eis der Neuentdeckungen wagen – ohne auf Absatzzahlen zu schielen. Womit man bei der Frage angelangt wäre, ob die Kunst vor dem Markt war oder umgekehrt.

 

Der passende Buchtipp: „Literarisches Schreiben“ von Lajos Egri, Autorenhaus Verlag, 978-3-86671-124-2

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Veröffentlicht von

Urs Heinz Aerni

Urs Heinz Aerni wirkt als freischaffender Journalist BR ZPV, Kommunikationsberater, Kulturvermittler und Vogelbeobachter. Weitere Informationen: www.ursheinzaerni.com

3 Gedanken zu „Kann man den Beruf Literat erlernen?“

  1. Bin der Meinung dass LITARATUR erlehnbar sein kann.
    und zwar für jeden Mann/Frau.
    So wie sprechen und schreiben auch.
    (Natürlich gibt es Naturtalente-Paradigmata, doch auch diese – ohne Lektor/Hilfe kommen sie nicht weit)

    Aus dem Grund haben wir die Größenwahn-Akademie gegründet
    http://groessenwahn-verlag.de/die-groessenwahn-akademie-auf-den-leipziger-buchmesse-2017/
    Seminare und Termine werden dem nächst folgen.
    Zur Zeit sind unsere eigene Autoren dran.

    Liebe Grüße:

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  2. Also ich stimme jedem Satz bzw. jeder Deiner Fragen zu. Spannend wird es, wer wann wie warum wozu antwortet… Und da sich selbst die Fachleute nicht einig sind, kann ich als extreme VielLeserin auch nur sagen: ALLES ist erlaubt/richtig! Jeder Leser (das „in“ ist selbstverständlich) soll nach Gefühl, Verstand, Herz, Bauch entscheiden, was ihm gefällt. Und das dann mit Anderen durchzudiskutieren und lustvoll dabei zu streiten, digital, auf dem Papier, persönlich, DAS ist das schöne an Literatur.
    Die meisten Bücher der Biel-Absolventen hab ich gelesen. Man merkt es jedem Buch an!
    Ich empfehle, viel mehr in all die deutschen Feuilletons oder TV-Literatursendungen zu schauen, da wirds lebendiger und spannennder (was nicht heisst, dass z.B. Pedro Lenz einer meiner vielen Lieblingsautoren ist).
    Wenn Du sozusagen witzigerweise fragst, ob Du Deinen Schreibstil je nach ZEIT oder BüWo ändern solltest/müsstest (abgesehen von der Oekonomie), dann meine ich, dass jede/r ein Charakterlump ist, der so etwas machen würde – und damit will ich aber nicht gesellschaftsmässig korrekt sein. Es sollte überhaupt niemand KORREKT sein.

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  3. Lieber Urs,

    aus meiner Sicht sollten Autoren, AutorInnen lesen, lesen, lesen, und zwar nur das, was ihnen wirklich zusagt. Nicht was der Markt oder der Erfolg verlangt. (Letzte Woche hatte ich, nach viel Pflichtlektüre, Lust auf Lessings Sprache, und in seinem Nathan entdeckte ich die Überlegung, dass man nicht all zu viel lesen sollte. Das ist interessant.)

    Schön wäre es, wenn nur die schreiben würden, die von sich wirklich etwas sagen wollen. Dann wäre die Bücherflut beachtlich eingedämmt. 

    Wenn es die Schreibschulen geben muss (mit denen ich einverstanden bin, solang sie nicht als Sprungbrett in die Literaturszene dienen), sollte man dort immer wieder einige Passagen übersetzen. Beispielsweise aus der deutschsprachigen Literatur ins Deutsche. Oder aus einer anderen Sprache. Dann könnten die Versuchenden Wörter und Sätze und Satzstrukturen genauer betrachten, sehen würden sie außerdem, wie Inhalte in die Sätze gelangen.

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