Haben Banken noch einen Sinn?

In der Zeitung DER BUND las ich, dass die künftige US-Finanzministerin und ehemaliges Mitglieder der US-Notenbank, Janet Yellen, von Schweizer Banken eingeladen wurde, Reden zu halten.

Im März 2019 trat sie bei der Credit Suiss (CS) auf und erhielt dafür 292’500 Dollar und für eine zweite Rede im September gleich nochmals 67`500 Dollar!

Im Juni 2019 kassierte Yellen von der UBS 112’500 Dollar für einen Vortrag und für ihre neun Auftritte bei der Citigroup satte 992’000 Dollar.

Dann erfährt man durch einen Bericht im Schweizer Radio SRF und INSIDE PARADEPLATZ, dass die UBS von Ihrer Kundschaft nicht nur Schaltergebühren in Rechnung stellt, sondern nun auch noch für Bargeldbezüge am Bancomat Gebühren und für die Kundenkarte pro Jahr 10 Franken abknöpft.

Mark Twain (1835 – 1910) meinte mal folgendes: «Ein Bankier [heute Banker, Anmerkung des Autors] ist ein Mensch, der seinen Schirm verleiht, wenn die Sonne scheint, und ihn sofort zurückhaben will, wenn es zu regnen beginnt.»

Und der Philosoph und Schriftsteller, Manfred Hinrich (1926 – 2015) bilanziert: «Banken vermehren ihr Geld aus Deiner Tasche».

Kein Wunder bringen es die Banken fertig, dass der Kleinsparer und die Normalverdienerin mit dem Gedanken spielt, das Geld bar zu Hause aufzubewahren mit null Kontogebühren und Service-Kosten. Oder das Geld physisch im Schrankfach und Tresor einlagert. Die Kantonalbank Graubünden verlangt für ein Fach in der Höhe von 5, in der Breite von 30 und in der Tiefe 43 cm großes Fach 70 Franken pro Jahr. Das größte Fach ist 550 Franken pro Jahr teuer. Die Mehrwertsteuer kommt noch dazu.

Der Rest ist Rechnen.

Urs Heinz Aerni

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Der Mann hinter INSIDE PARADEPLATZ: Lukas Hässig

Inside Paradeplatz wird abonniert und von Bankern gefürchtet. Der Journalist Lukas Hässig schrieb für verschiedene Zeitungen und Wirtschaftsmedien sowie Bücher über die UBS und das Bankgeheimnis. Seit 2011 betreibt er den News-Blog und sorgte schon mit machen Enthüllungen für viel Unruhe in der Finanzwelt.

Für den Kanal DIE REDAKTION stellte ich Lukas Hässig in Zürich Fragen über seine Arbeit, seine Herausforderungen und seinen Umgang mit Kritik.

Für uns da?

Neulich wollte ich einem Freund in Österreich ein Buch als Geschenk schicken. Am Postschalter verlangte ich nach dem grünen Zollaufkleber. Den gebe es nicht mehr, man müsse sich jetzt im Internet bei der Post einloggen und ein Zollformular ausfüllen mit allen Details wie Inhalt und Gewicht. Dann könne das Paket verschickt werden. Ansonsten müsste ich am Schalter eine zusätzliche Gebühr entrichten. Statt Service also Homeoffice für den Kunden.

Dann lag kurz darauf eine saftige Rechnung der Ausgleichskasse (in der Schweiz obligatorische Altersvorsorge für Freischaffende, sogenannte 1. Säule) im Briefkasten und setzte mit einem fetten Verzugszins-Betrag den buchhalterischen Höhepunkt. Es ging dabei noch um Steuerrechnungen aus früheren Jahren, die durch irgendwelche Verzögerungen verspätet bearbeitet wurden. Die damaligen Steuererklärungen wurden von meiner damit beauftragten Expertin fristgerecht eingereicht. Ich rief an und man erklärte mir, dass ich als Freischaffender verpflichtet sei, die definitive Steuerrechnung der Ausgleichskasse zu melden, damit die AHV-Beiträge berechnet werden können. Das stünde irgendwo auch ge- schrieben.

Während die Krankenkassen im Kanton Zürich automatisch gebührentechnisch auf die Steuerrechnungen reagieren, muss die Ausgleichskasse aktiv informiert werden. Nach dem coronabedingten Totalausfall von dreieinhalb Monatseinkommen kam die Formularschlacht, die das Wirtschaftsamt und die besagte Ausgleichskasse verlangten. Nach gewissenhaftem Ausfüllen, was nicht wenig an Arbeitsstunden kostete, kam von der Ausgleichskasse etwas Geld, das einem durchschnittlichen Monatsumsatz entsprach. Vom Wirtschaftsamt Zürich hieß es später am Telefon, dass keine Unterstützung möglich sei, da ich als Freischaffender ohne Angestellte, Firmenauto, Geschäftslokal mit Sortiment und Miete lediglich ein kleines Risiko für die Gesellschaft sei, falls ich finanziell «hops» ginge. Zugegeben: Salopp von mir zusammengefasst.

«Wir sind für Euch da» sagte Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga an der Medienkonferenz zu Beginn der Covid-19- Krise.

Hmm – wie könnte sie das denn gemeint haben?

Urs Heinz Aerni

Ist auch in der Zeitung Bündner Woche  erschienen

Kulturtipp für Büchermenschen in Graubünden…

Freiheit oder Risiko?

In der NZZ AM SONNTAG erklären Expertinnen und Experten, dass das Sars-CoV-2 nur ein Ziel hat: sich vermehren und verbreiten. Das ist ein Naturgesetz. Deshalb sind bei allen Viren laufende Mutationen zu beobachten, um sich neuen Situationen anzupassen. Was bei Corona, für das es noch kein Impfmittel gibt im Gegensatz zu den Grippe-Viren, anders ist und wie viel wir noch nicht wissen, macht dieser Bericht deutlich, den Sie hier lesen können:

https://nzzas.nzz.ch/wissen/corona-bulletin-8-sauerstoffsaettigung-zuhause-messen-ld.1555703#subtitle-wie-das-coronavirus-mutiert-second

Parallel zu diesem noch großen Unwissen seitens Wissenschaftler über das Phänomen Corona, werden die Proteste gegen die Schutzmaßnahmen der Regierungen und Behörden lauter. Nun, in der Tat könnte diese Krise den Machthabern mit diktatorischen Gelüsten und Parteien mit nationalistischen Vorstellungen in die Hände spielen. Und doch, haben die demokratisch gewählten Behörden die Pflicht und die Verantwortung, das Leben und die Gesundheit über wirtschaftliche Interessen zu stellen.

Immer mehr Menschen gehen nun auf die Straßen und verlangen das normale Leben zurück. Zu ihnen gesellen sich aber immer mehr Leute, die Corona als normale Grippe abtun oder sogar behaupten, dass es ein Produkt von Gehimdiensten sei. Über die verschiedenen Maßmahmen und Entscheidungen der Regierungen kann und soll diskutiert werden. Diese Krise sei eine „demokratische Zumutung“, so die Deutsche Bundeskanzerlin Angela Merkel und zeigt, wie jetzt die Demokratien mit ihrer Meinungsvielfalt und Pluralismus auf dem Prüfstand stehen.

Dass sich jetzt immer mehr Menschen öffentlich getrauen, Theorien zu verbreiten, deren Quellen und Absicherungen mehr als fraglich sind, verblüfft einerseits und überrascht andererseits nicht, denn solche Bewegungen sind immer wieder entstanden, von der Spanischen Grippe, in Zeiten von Kriegen oder nach Umweltkatastrophen.

Doch heute? Noch nie war der Zugang zu Wissen und Bildung so einfach und frei. Die Aufklärung hätte bewirken sollen, sich von Halbwahrheiten, seltsamen Glaubensbkundungen und ungesicherte Thesen befreien zu können. Und was geschieht stattdessen? Menschen gehen lärmend auf die Plätze und Straßen und pauken Meinungen in die Luft, als hätten sie das ganze Wissen der Welt unter ihrem Schädel.

Im sogenannten Zeitalter der Kommunikation fristet nach wie vor eine Kunst ein Schattendasein. Die Kunst, Fragen zu stellen mit dem Ziel, das eigene Verstehen zu optimieren und anzuerkennen, dass diese Fähigkeit nie enden wird.

Urs Heinz Aerni

Die Bilder stammen vom Fotografen Konstanin Weiss von einer Demonstration am 10. Mai 2020 in Zürich.

© Konstantin Weiss, Dottikon (Schweiz) 10. Mai 2020 in Zürich

© Kontantin Weiss, Dottikon (Schweiz) 10. Mai 2020 in Zürich

 

Es gibt sie, die Unterschiede zwischen der Grippe und Covid-19 und was wir daraus machen könnten

Die Maßnahmen der Behörden und Facheinrichtungen gegen die Ausbreitung von Covid-19 wird von nicht wenigen Besserwissenden kritisiert. Die wildesten Gerüchte über die Gründe der Pandemie kreisen durch die Foren im Netz, zum Teil mit Ideen, die interessant für eine Verfilmung a la „Deep Impact“ wären. Und andere Zeitgenossen, die es zu wissen meinen, behaupten, dass das neue Virus nichts als eine Variante der herkömmlichen Influenza sei.

 

Die wichtigsten Unterschiede zwischen der bekannten Grippe und dem Covid-19: 

– Ausbreitungsgeschwindigkeit

– Größte Ansteckungsgefahr während den stärksten Symptomen (nicht so bei Grippe)

– Ansteckungsrate: wird in kurzer Zeit auf mehr Menschen übertragen als bei der Influenza

– Kinder sind weniger betroffen als Erwachsene, nicht so bei der Grippe

– Risikogruppen: Dazu gehören nicht Kinder und Schwangere im Gegensatz zur Influenza nach aktuellem  Wissenstand seitens der Expertinnen und Experten

– Noch keine zugelassene und funktionierende Impfstoffe (über 20 in Entwicklung)

– Atemnot. Kein klassisches Symptom bei Grippe und Erkältung

Diese zur Zeit bekannten Fakten verlangen einen verantwortungsvollen Umgang gegenüber den gefährdeten Mitmenschen, im Wissen, dass wir noch nicht alles wissen. Wer das Obige nicht ernst nimmt und versucht, es zu bagatellisieren, begibt sich in eine Verantwortungslosigkeit.

Als Anregung für solche, die alles Unmögliche in die Corona-Krise hineininterpretieren sei empfohlen, diese Denkzeiten für die Frage zu investieren, ob diese Krise nicht eine Chance sein könnte, für ein Umdenken im Umgang mit:

– mit den natürliche Ressourcen

– mit dem bisher kultivierten wirtschaftlichen Wachstumswahn

– mit dem Konsum von Billigprodukten aus armen Ländern

– mit dem Sinn der Artenvielfalt auch zum Nutzen der Menschheit

– mit den Werten, die vielleicht keine Werte mehr sein könnten

– mit der Gestaltung des Lebens in der Kombination der Selbstgenügsamkeit mit der Freude an dem, was ist

Urs Heinz Aerni


 

Quellen:
Informationen: Weltgesundheitsorganisation (WHO) und SRF vom 07. März 2020
Grafik: NZZ am SONNTAG, CDC, WHO vom 15. März 2020

 

„Nichts geht auf die Schnelle“

Die Weinbauern Andreas Meier und Markus Utiger lagerten im Tessiner Gestein Weine aus dem Aargau und dem Burgenland. Im Gespräch geben die beiden über die Vorteile der Magnumgröße, Lager- und Marketing-Trends und ihre Haltung zum Zeitgeist Auskunft.

Urs Heinz Aerni: Andreas Meier und Markus Utiger, Sie haben sich zusammengetan und unter dem Titel „Passion & Zeit“ in einem Gebirgsfelsen Weine eingelagert, Magnum-Flaschen. Wieso eigentlich diese Grösse?

Markus Utiger: Das Verhältnis zwischen dem Volumen Wein und den Anteilen Gas und Sauerstoff CO2 ist für eine langfristige Reifung sehr gut. Dazu kommt noch der längere und engere Flaschenhals, der dem Korken eine längere Ausdehnung ermöglicht.

Aerni: Das hiesse eigentlich, dass jeder Wein in eine Magnumflassche abgefüllt werden müsste?

Andreas Meier: Naja, als Pierre Pérignon [1638 – 1715 Anmerk. d. Red.] die 7,5 dl Flasche erfand, meinte er, dass sei das richtige Mass für einen Mann zum Essen (lacht).

Utiger: Die Magnumflasche wäre also für zwei Männer…

Aerni: Wie kam es zur Idee, gemeinsam Flaschen in einen Felsen einzulagern?

Meier: Wir sind Weinfreunde und Co-Präsidenten der Zurzibieter Weinfreundesetkion. Unsere Wege kreuzten sich regelmässig, so auch an Konferenzen, wo wir Kolleginnen und Kollegen aus der Bündner Herrschaft und dem Unterengadin trafen, an denen die topografischen Höhen für Lagerungen immer wieder ein Thema waren. Irgendwann kam Markus mit der Idee auf mich zu, es in einem Keller im Tessiner Blenio-Tal auf 1300 Meter über Meer mit einer Lagerung zu versuchen.

Aerni: Hand aufs Herz; ein Marketing-Gag?

Utiger: (lacht) Nein, wir waren zusammen in der Champagne und entwickelten diese Idee gemeinsam.

Meier: Ja, das war ein Champagner Marathon, weisst Du noch?

Utiger: (nickt und lacht)

Meier: Das war die Story; ich dachte, es handle sich um eine Art lange Degustationsmeile, aber es war tatsächlich ein Marathon! Ich startete in normaler Kleidung in Halbschuhen … wir haben das dann abgekürzt.

Utiger: Die hatten mitten im Wald in Abständen Tische aufgestellt, auf denen viele Gläser zum Degustieren standen…

Aerni: Schon die Geburt der Idee scheint eine Geschichte für sich zu sein. Aber nun doch nochmals die Frage zur Philosophie der gemeinsamen Fels-Lagerung…

Utiger: Die Idee der Geschichte kommt von der Affinage, eigentlich ein Begriff aus der Käse-Herstellung. Auf der Alp produziert der Käser seinen Käse und gibt ihn dem Affineur, dem Händler, der dann den Käse bei sich fertig lagert bis er einen gewissen und für den Verkauf perfekten Reifepunkt erreicht hat. Im Weinbusiness wird der Wein im Keller produziert, er wird abgefüllt und verkauft mit der Erklärung an die Kundschaft, dass er noch fünf oder zehn Jahre reifen kann, dann ist die Sache erledigt. Doch hier setzen wir ein, und gehen einen Schritt weiter mit dem Motto: Jeder bringt seinen Wein und affiniert ihn zusätzlich. Die Käse-Welt macht es uns vor: So wie der Käse ein Naturprodukt ist, ist es der Wein. Er lagert und reift drei Jahre in einem Felsen. Es herrschten Temperaturen von 5 Grad im Winter bis 17 Grad im Sommer und die höchste Luftfeuchtigkeit lag bei 99,9 Prozent im Frühling…

Meier: Das Wichtigste dabei sind die Temperaturschwankungen. Bei technischen Kühlanlagen gibt es die Hystrese, die Kühlung schaltet ein und aus und somit ergeben sich viele Temperaturpeaks. Eine einzige, gleichmässige Temperaturkurve ist besser.

Aerni: Mit anderen Worten, diese Art der Einlagerung ist also sinnvoller als die herkömmliche Kühlung?

Meier: Auf jeden Fall!

Utiger: Es gibt Studien, die das beweisen. Bei einer hat man Weine auf einem Kreuzfahrtschiff mit Kurs über die Weltmeere gelagert und ihn nachher mit den anderen Flaschen derselben Sorte und aus der gleichen Ernte verglichen. Resultat: die komplexeren, die höher bewerteten Weine stammten vom Schiff. Fazit: Bewegung und Temperaturschwankungen tun dem Wein gut.

Aerni: Könnte das heissen, dass die ganze Weinindustrie mit den ausgetüftelten Lager- und Kühltechniken ein wenig Zirkus betreibt?

Utiger: Nein, das nicht. Die Schwankungen dürfen natürlich auch nicht zu extrem ausfallen, nicht unter 5 oder über 25 Grad sein…

Meier: … auch die kleinen Bewegungen zwischen 12 und 13 Grad jeden Tag sind nicht ideal. Ein normaler Jahresrhythmus in einer gemässigten Umgebung ist das Beste.

Aerni: Aber grundsätzlich könnte der Wein ein bisschen mehr Natur vertragen oder der Natur anvertraut werden?

Meier: Die ideale Reifung ist eine Polymerisation von Phenol und Ethanol. Es braucht etwas Sauerstoff damit das Ethanol zum Ethanal wird, zum Kleber, der dieses Phenol zusammenhält. Und wenn das in einem gemässigten Milieu geschieht, ergibt sich das schöne langkettige, gute Gerbstoff-Molekül. Langkettige Gerbstoffe empfinden wir als vollmundig, sie reizen unsere Geschmackspapillen nicht, sondern der Wein erhält einen Schmelz und bleibt gleichzeitig jugendlich rund. Durch die Polymerisation gibt es eine Art Oxidationsschutz. Und in der Grösse dieser Magnumflassche mit diesem Verschluss haben wir etwa 8 Milligramm Sauserstoffzutrag oder weniger im besten Fall.

Aerni: Zurück zu Ihrer Felslagerung. Hat das vielleicht auch mit einer Sehnsucht zurück zur Natur zu tun? So als Kontrastprogramm zu Laboren, Messgeräten und Stahltanks? Etwas zurück zur archaischen Erde?

Meier: Ja, das Archaische haben wir schon etwas gespürt, als wir alles mit Muskelkraft aus dem Berg holen mussten (lacht).

Utiger: Und ich habe ihn mit meinen Kindern in den Felsen verfrachtet…

Aerni: Ist die Rückkehr zum Ursprünglichen eine Motivation?

Utiger: Ja, ich glaube, wir sind eine Branche, die sehr naturverbunden ist. Ich erlebe das mit Kunden, mit denen ich in die Reben oder in den Wald gehe und die sind immer ganz entzückt, atmen durch. Wir sind naturverbunden, es ist keine Rückkehr, sondern alles entsteht ja in der Natur. Andererseits ist die Technik so weit fortgeschritten, dass man heute theoretisch bereits den Wein aus dem gleichen Erntejahr trinken könnte. Doch wird dem Wein Zeit gegeben, dann entwickelt er sich von alleine richtig. Heutzutage braucht es Überwindung, nichts zu machen.

Aerni: Was macht der Zeitgeist mit seinem Lebensrhythmus mit Ihnen beiden?

Meier: Wir glauben an den Lagewein, also an den Flecken, wo er wächst und herkommt. Diese Haltung verbindet auch unsere Freundschaft.

Aerni: Wir reden jetzt von Lagewein, nicht vom Lagerwein…

Meier: Genau, Wein aus Trauben einer ganz speziellen Herkunft, das ist charakterbestimmend. Die Suche nach diesem Lagecharakter, nach diesem ureigenen Charakter, das ist das, was uns verbindet und uns fasziniert.

Aerni: Wie sehen Sie generell die Weinszene? Gibt es Modetrends innerhalb der Branche? Vielleicht auch im Genuss- und Konsumverhalten?

Utiger: Naja, in den letzten Jahren hat der Begriff „Naturwein“ immer wieder kursiert. Jemand, der nach Naturwein sucht, der schwächt alles ab, was nicht „Naturwein“ sei.

Aerni: Das müssen Sie mir näher erklären…

Utiger: Naturwein ist nicht reglementiert. Diejenigen, die Naturwein propagieren, sagen, sie machten nichts daran. Sie behaupten, die Trauben nur zu ernten und zu maischen und sonst nichts. Für mich grenzt das an Arbeitsverweigerung. Was ist Wein? Wein ist ein Kulturprodukt. Und was ist Kultur? Das ist immer etwas, was Menschen beeinflussen und prägen.

Aerni: Der Mensch bearbeitet die Natur um eben etwas aus ihr herauszuholen.

Utiger: Er beeinflusst sie, ja. Was wir beim Wein machen, ist den Gärungs- und Fermentierungsprozess in dem Moment zu unterbrechen, an dem wir ihn haben wollen. Wenn wir das nicht machen, wird er zu Essig, was wir ja nicht wollen. Wenn Sie eine Flasche von mir trinken und sie gefällt Ihnen, dann sollte die nächste Flasche die gleiche Qualität aufweisen und Sie sollten den Wein wiedererkennen können. Diese Kontinuität geht nicht ohne Raffinerie.

Meier: Mit „Naturwein“ wird versucht, marketingtechnisch zu differenzieren, zum Teil wird hier vieles an den Haaren herbeigezogen, mit dem Stand des Mondes, von der Venus und ich weiss nicht mit noch was allem…

Aerni: Aber es klingt ja noch schön…

Meier: Ja, das tut es, aber diese Differenzierungen sind manchmal Mumpiz. Unsere Kunst ist unser Wissen, langjähriges und jahrhundertaltes Wissen. Ich erinnere mich an ein altes Buch über das Weinmachen aus dem Jahre 1828 in meiner Bibliothek. Wir müssen nicht so tun, als wären wir die ersten Menschen, die sich auskennen; die Weinkultur besteht aus 8000 Jahren. Die Rebe ist ein Kulturgut und würde ohne den Menschen nicht existieren, sie würde im Wald nicht überleben. Die Rebe gilt es zu setzen, zu hegen und pflegen, ihr muss eine Form gegeben werden, durch Schneiden und Binden, man muss zu ihr schauen…

Aerni: … und jeder noch einen Namen geben?

Meier: Fast. Bei uns im Betrieb machen wir einen sogenannten sanften Rebschnitt – das klingt jetzt sehr zärtlich, ist es auch, fast ein Kuscheln mit der Pflanze. Man schaut sie an und sagt, du bist jetzt etwas stärker, ich gebe dir ein Äuglein mehr, du bist jetzt ein Dünneres, ein Schwächeres, so viel verträgst du nicht, ich muss dich etwas kürzer schneiden. So wird jeder Rebe eine Leistung abverlangt, die man ihr man ihr individuell zutraut.

Aerni: Frutarier schneiden die Reben nicht, um ihnen nicht weh zu tun…

Meier: Reben schneiden ist etwas Wunderschönes, es gibt Wettbewerbe zum Rebschnitt, da wird bewertet, wie die Rebe beurteilt wird oder wie verhindert wird, dass der Saftstrom nicht blockiert wird. Rebbauern sind unspektakuläre Menschen.

Aerni: … die viel Empathie für die Pflanzen haben müssen.

Meier: Sie lieben ihren Beruf, das sieht man eben in der Stadt nicht. Das sind meist ganz normale aber erdverbundene Menschen, aber sie sind nicht diejenigen, die das als Marketing mit Slogans verkaufen.

Utiger: Im Burgenland setzen wir zum Beispiel zwei Reben ins gleiche Loch, immer pärchenweise. Jede Rebe erhält einen „Strecker“, einen links und einen rechts. In den sehr trockenen Sommern muss die Rebe tief wurzeln können, genug Stabilität haben um das Wasser finden zu können. Das Verhältnis zwischen den ober- und unterirdischen Teile der Pflanze ist massgebend für die Regulierung an heissen Tagen.

Aerni: Wieso das pärchenweise Pflanzen?

Utiger: Es entsteht zu Beginn ein Verhältnis der Konkurrenz und fördert die Suche nach Nährstoffen und Wasser somit die Tiefe des Wurzelns.

Aerni: Kommen wir zum Begriff „Naturweine“ zurück…

Utiger: Das sind absolute Naturweine, wir haben noch nie was anderes gemacht. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass wir mit der Natur arbeiten.

Meier: Der Begriff wird als Marketingargument missbraucht.

Utiger: Nichts an der Rebe zu machen gewährt keine Qualität des Weines.

Meier: Der Weinmarkt in der Schweiz gleicht gelegentlich einem Teppichbasar; überall werden unglaubwürdige Rabatte gewährt. Der Weinmarkt ist offen gegenüber dem Weltmarkt, anders als die meisten Produkte unserer Primärsektors. Dabei gibt es kein Land auf der Welt, welches den Primärsektor nicht staatlich reguliert, vom Bergbau bis zur Landwirtschaft durch den üblichen Grenzschutz.

Aerni: Kommen wir nochmals auf Eure gemeinsame Lagerung im Tessiner Gestein. Die beiden Weine stammen aus dem schweizerischen Aargau und aus dem österreichischen Burgenland. Was kann jeder vom Nachbarn lernen?

Utiger: (lacht), lernen vom Aargauer Wein?

Meier: Das sind zwei starke Charakter, die lernen nichts voneinander.

Utiger: Die Weine sind selbst sehr differenziert aber ich habe von Andreas in den Gesprächen schon so viel gelernt, dass ich teilweise da und dort den Wein anpasste.

Aerni: Anders gefragt, der Österreicher Wein hat sein Imageproblem hinter sich, der Aargauer kämpft damit?

Meier: Nein, er hat gar kein Image, das ist das Traurige.

Aerni: Woran liegt das?

Utiger: Die Österreicher Weinszene wurde durch den Glykolwein-Skandal vor 30 Jahren praktisch zerstört, von dem sie sich heute wieder emanzipiert hat. In Italien gab es damals sogar Todesfälle. Während in Italien versucht wurde, alles unter den Teppich zu kehren, war es in Österreich ein öffentliches Thema.

Aerni: Was zum Umkehrschub wurde.

Utiger: Richtig, man musste reagieren. Es wurden darauf hin strenge Weingesetze erlassen, später kam die Förderung durch die EU dazu, damit zu guten Konditionen exportiert werden konnte. Und, es ist eine neue Winzer-Generation hinzugekommen, die sich sagte: „Wir machen das jetzt anders!“ In dieser Zeit tranken wir in der Schweiz Übersee-Wein, Syrah aus Australien, Kalifornien, Chile und Argentinien. Dann kam das Bewusstsein und damit die Frage, warum Wein um den halben Planeten verschifft werden muss, wenn diesem Weinstil doch auch durch Spanien und Österreich geboten wurde. Diese beiden Länder profitierten von der damaligen Geschmacks-Mode, die sich zwischenzeitlich wieder veränderte. Doch Österreich hat nach wie vor ein Imageproblem, mit dem Rotwein.

Aerni: Rotwein?

Utiger: Ja, weil man nie so recht weiss, um was es sich für einen Wein handelt. Es sind Fantasienamen und Lagenamen zugelassen, das ist irreführend.

Aerni: Man denkt ja eigentlich automatisch an den Zweigelt…

Utiger: Na ja, da denkt man schon weit. Das Imageproblem entstand, weil eben zu viel zugelassen wurde. Vor 15 Jahren – schätze ich – wurde auf Aushängeschilder gesetzt wie eben Zweigelt, Balufränkisch und St. Laurent. Und heute ist das Ursprungsgebiet wichtig, wie sie es in Frankreich und in Italien machen, was eine gewisse Heimatlosigkeit auslöste. Dazu kommt parallel eine stilistische Veränderung, zwischen Üppigkeit, Modernität und Süsse, was nur bedingt die Marke Österreich zu prägen vermag.

Aerni: Der Heurige ist in Österreich Kult, mit dem sich sogar Spielfilme und Romane beschäftigen, was in der Schweiz oder eben im Aargau nicht passiert.

Meier: Auch wir haben den Heurigen natürlich…

Aerni: Aber wir feiern ihn nicht so wie im Nachbarland.

Meier: Ja, das haben wir tatsächlich verlernt.

Aerni: Wieso haben wir diesen Zug verpasst?

Meier: Früher war das bei uns nicht anders. Der Sternen in Würenlingen war ursprünglich eine Trinklaube, war also ein Heurigen. Der achtzackige Stern im Logo bedeutet ein Plus- und Malzeichen übereinander, ein Zeichen dafür, dass man hier etwas essen und trinken kann. In Österreich hielt der Besen oder der Strauss als Symbol her, für eine sogenannte Straussenwirtschaft von Winzern und Weinbauern die saisonal und tageweise durch einen eigenen Gastbetrieb ihren selbsterzeugten Wein direkt vermarkten. Während dieser Brauch aus dem Mittelalter bis heute in Österreich aktiv ist, lösten diesen in der Schweiz Restaurants, Pizzerien, American Diners und Sushi-Restaurants ab.

Aerni: Es wurde internationaler und weniger ursprungsorientiert, die Schweizer Gastroszene?

Utiger: Im Grunde muss das ja nicht schlecht sein, aus den Küchen der Welt wählen zu können. Aber das Tragische ist, dass heute Essen und Getränke auf primitivste, einfachste und billigste Weise verhökert und konsumiert wird.

Aerni: … Primitivo?

Utiger: (lacht), dazu gibt es noch andere Geschichten, zum Teil nicht ganz seriöse…

Meier: Ja, und Zucker ist bei diesen Weinen ein grosses Thema… Aber wir haben uns vorgenommen, hier nicht andere Produzenten zu kritisieren.

Aerni: Ist es nicht legitim, ökologischen Unsinn zu kritisieren? Nun aber nochmals zu Ihrem Projekt der im Felsen eingelagerten Magnumflaschen, die unter dem Motto «Passion und Zeit» steht. Wie sind Sie zu diesem Titel gekommen.

Meier: In allem, was wir machen, muss die Tiefe, die Sorgfalt gepflegt werden. Nichts entsteht auf die Schnelle.

Aerni: Sie haben Zeit und Passion für die Herstellung aufbringen müssen, ist es aber nicht auch eine Message an unsere Gesellschaft? Sich mehr Zeit für mehr Qualität zu nehmen zum Beispiel?

Utiger: Viele haben eine Leidenschaft, aber heute leben wir häufig von Moment zu Moment.

Aerni: Also mehr von Happenings zu Happenings…

Utiger: Ja, wir sind schnelllebig unterwegs und posten auf Social Media und rennen weiter.

Meier: Das Gegenteil von «Passion und Zeit» ist eigentlich «Lust und Moment».

Utiger: Und schlicht: Wenn Sie eine Magnumflasche öffnen, brauchen Sie Zeit und Leidenschaft.

Meier: Oder auch anders gedeutet: durch unsere langjährige Arbeit und Leidenschaft ermöglichen wir dem Konsumierenden Genuss und schöne Momente…

Aerni: Zum Schluss: Was für Menschen wären diese beiden Weine, die hier nebeneinander liegen?

Meier: Der Pinot Noire wäre wohl eine Art Diva, rund, weiblich. Der Blaufränkische dagegen ist struktur- und gerbstoffbetont, er ist kräftiger im Eindruck und wäre wohl der starke Gegenpart.

Utiger: (lacht und nickt)

 


 

INFOS

Die Weine:

Kloster Sion Réserve 2013

„Evolutionäres Streben hin zum perfekten Wein“ Andreas Meier

Der Kloster Sion Réserve zählt zu den besten Pinot Noir. Die privilegierte Lage des Rebbergs, beste klimatische Bedingungen und sorgfältiges Winzerhandwerk sind Basis für diesen Wein.

 

Utiger Rappbühl Blaufränkisch 2013

„Kleinstmengen in Höchstqualität“ Markus Utiger

Blaufränkisch aus der Lage Rappbühl im österreichischen Burgenland besitzt reichlich Struktur und steht für langlebige sowie dichte Weine. Markus Utiger verbringt viel Zei am Neusiedlersee wo er gemeinsam mit René Pöckl antrat, um den besten Blaufränkisch des Landes zu produzieren.

 

Hier geht es zu weiteren Informationen und zur Bestellmöglichkeit…

 

Andreas Meier ist Inhaber des Weinguts zum Sternen und der Rebschule. Der Vater dreier Töchter und ausgebildeter Weinbauingenieur widmet sich neben der Leitung des Familienunternehmens u. a. dem Schweizer Oenologenverband, Vitaplant IG Jungreben sowie der Besserstein Wein AG, er unterrichtet für Gastrosuisse und HF Weinbauchtechniker. Politisch engagiert er sich im Aargauer Grossrat (Kantonsregierung). Seit einigen Jahren überführt er das Weingut in eine Produktionsstätte, die sich die Naturverträglichkeit und Nachhaltigkeit auf die Fahnen schreibt.

Markus Utiger wuchs mitten im Rebberg im beschaulichen Zurzibiet im Kanton Aargau auf. Nach Ausbildungsstationen in der Gastronomie als Koch und Servicefachangestellter übernahm er 23 Jahre jung die Stelle als Sommelier im Designhotel Greulich in Zürich an. Dann liess er sich zum Weinakademiker ausbilden mit Wirkungsfeld in Rust am Neusiedlersee, wo er sich mit dem Österreicher Wein beschäftigte. 2008 erhielt Utiger als jüngster Schweizer Teilnehmer das Weinakademiker-Diplom. Heute arbeitet er bei der Weinhandlung Le Millésime in Vevey und baut eine Zweigstelle mit Sitz in Windisch (AG) auf.

Salomé Meier machte die Bilder, sie lebt als Kulturjournalistin, Fotografin in Zürich und rezensiert Bücher für Radio SRF2 Kultur und Literarischer Monat.

Das Gespräch fand im Stadtbistro Isebähnli in Baden (Kanton Aargau) statt.

 

 

Atom- und andere Energien

Kernkraftwerke oder die Atomenergie sorgen für Schlagzeilen:
Zuerst die guten: Atommeiler Philippsburg bei Karlsruhe wird Ende Jahr still gelegt und das älteste Werk der Schweiz, Mühleberg bei Bern wurde heruntergefahren. Rückbau dauert ca. 30 Jahre!
Jetzt die bedenklichen News:
Räumung der Brennstäbe von Fukushima verzögert sich wohl bis 2032. Und Leibstadt (Aargau, Schweiz) musste wegen Störung abgeschaltet werden.
Während auf der ganzen Welt noch viele Atomkraftwerke in Planung sind oder schon gebaut werden, wurde für die Endlagerung der Brennstäbe auf dem ganzen Planeten noch keine Lösung gefunden.
Nebenbei: Hätten die alten Römer schon AKWs gehabt, so säßen wir heute auf ihren Brennstäben.
Und passend zum Thema, sei noch der POLIZEIRUF 111 auf ARD empfhohlen, der sich mit der kriminellen Enerige rund um die Nuklear-Technik beschäftigt:
Für solche, die es genau und noch mehr wissen möchten, sei hier der passende Buchtipp gegönnt…
Nun wünschen wir einen lustigen Rutsch in ein fröhliches 2020!
Ihr
Urs Heinz Aerni

Tödliche Oliven

Für die Zeitung BÜNDNER WOCHE möchte ich mal dokumentieren, wie Kulturschaffende und Medienleute in Deutschland und Österreich auf das Wort «Graubünden» reagieren, doch…

…beim Start dieser Umfrage ereilte mich die Information, dass eine spezielle Oliven-Erntetechnik Millionen Singvögel tötet. Erntemaschinen fahren durch die Olivenhaine und holen durch Schütteln und Einsaugen die Früchte von den Bäumen und dies meistens in der Nacht, um das Aroma der Oliven zu halten. Zwischen November und März überwintern viele Zugvögel aus Nordeuropa in den Olivenbäumen und fallen dabei dieser industrialisierten Ernteform zum Opfer. Nun, statt der oben erwähnten Umfrage, bat ich Lebensmittel-Händler um eine Reaktion zu dieser Tragödie. Sie fallen sehr unterschiedlich aus: Während, Edeka und Volg bis zur Abfassung dieser Kolumne schwiegen und Lidl sich später doch noch meldete, schreibt Aldi Suisse: «Nein, von diesen schrecklichen Vorfällen haben wir noch nichts gewusst. Wir haben Ihre Nachricht umgehend an unsere CR Abteilung weitergeleitet. Sie prüfen, ob das uns betrifft und was gegen diese Vorfälle unternommen werden kann. Wir melden uns schnellstmöglich wieder zurück.» Coop antwortet: «Sämtliche Oliven unserer Biobauern für die naturaplan-Öle stammen aus traditionellen Olivenhainen und es besteht somit keinerlei Gefahr für die Zugvögel bei der Ernte. Obwohl unsere Bio-Olivenöle nicht davon betroffen sind, verfolgen wir das Problem mit der vollmechanischen Nachternte im superintensiven Anbau, welches bereits Ende 2018 in Andalusien publiziert wurde. Inzwischen wurden laut Medienberichten sowohl durch die Behörden als auch die Produzenten Maßnahmen ergriffen, die Gefahr für die Vögel einzudämmen.» Was das auch immer heissen mag aber immerhin. Von Migros Schweiz kam noch nichts aber von der Migros Ostermundigen diese Rückmeldung: «Vielen Dank für die Anfrage. Gerne kläre ich die Sache bei unseren Produktespezialisten ab und melde mich wieder, sobald ich eine Antwort erhalte.» MPREIS ist ein Großverteiler in Österreich mit gutem Ruf und schönen Läden schreibt: «Vielen Dank für Ihre Nachricht. Wir können Ihnen dazu leider noch nichts sage. Wir haben uns bereits mit unserem Einkauf in Verbindung gesetzt und werden das intern prüfen lassen.»

Vorläufiges Fazit: Der Skandal ist groß aber die ersten Reaktionen von Unternehmen mit Verantwortung sind ermutigend und bestätigen, dass wir als Konsumierende auch die Verantwortung haben, aktiv zu werden, wenn mal was aus dem Ruder läuft.

Urs Heinz Aerni

Der passende Buchtipp: «Tödliche Oliven» Kriminalroman von Tom Hillenbrand, Kiepenheuer & Witsch, ISBN 978-3-462-04695-3

Tun, was geht

Die eidgenössischen Parlamentswahlen sind vorbei und die Resultate zeigen, wie Klima und Umwelt zu Themen Nummer eins wurden und man darf gespannt sein, wie sie die neue personelle Besetzung unter der Bundeshauskuppel herausfordern werden. Und jetzt kam noch von der Schweizer Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) die Info, dass in den letzten zehn Jahren ein Drittel aller Insektenarten verschwunden sind.

An der Frankfurter Buchmesse diskutierten Expertinnen und Fachleute, was denn gegen das Artensterben und die Wetterextreme unternommen werden könne und immer wieder wird die Politik in die Pflicht genommen, was ja auch ihr Job ist, aber dann stellte der Moderator die Frage, was denn jede und jeder im Alltag für den blauen Planeten tun könne und wissen Sie was, ich kann diese Frage nicht mehr hören, deshalb liste ich nun hier ein für allemal auf, was wir als Otto-Normal-Menschen zu tun mächtig sind:

1. Den Rasen nicht mehr oder nur noch wenig mähen. 2. Automotor abstellen beim Um- und Beladen. 3. Wilder und bunter Garten wachsen lassen. 4. Nicht nur Pet, Alu und Glas aus dem Müll sortieren, sondern Plastik, und die neuen Recycling-Angebote nutzen. 5. Jahreszeitgemässer Gemüseinkauf und nur noch Produkte aus der Region verspeisen und trinken. 6. Nächtliches unnötiges Dekorationslicht löschen und alle Standby-Lämpchen an Stromschienen und Elektrogeräte ausschalten. 7. Urlaubsziele an Eisenbahnschienen bevorzugen. 8. Giftfreie Wasch- und Haushaltsputzmittel verwenden. 9. Lokal statt digital einkaufen. 10. Zuwarten mit dem Kauf des neuesten Smartphones oder Tablet. 11. Kein Deluxe-Futter für Haustiere. 12. Weniger Haustiere. 13. Weniger Babys. 14. Entsprechend Abstimmen wie zum Beispiel gegen Baueinzonungen, Pestizide und für Naturpärke. 15. Mehr Leitungswasser trinken als importiertes Mineralwasser. 16. Am Tag wandern statt in der Nacht im Wald biken. 17. Weniger große Räume bewohnen. 18. Den Laubbläser in den Elektroschrott schmeissen. 19. Beim Heimatfußballclub auf Naturrasen plädieren.

Habe ich was vergessen?

Urs Heinz Aerni

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Dieser Beitrag erschien auch in der Zeitung Bündner Woche.