Aernis Depesche: Wirtschaft und Politik, Kochen, Lob für die Jugend und Vogelbesuch inklusive Verlosung für ein Gratis-Abonnement

Liebe Leserin, lieber Leser,

Hat die Politik dem Markt zu lange vertraut?

Ja, meint Hans Oette in seinem Buch und ich stellte ihm dazu Fragen, die er in der UZ Wien beantwortete:

»Die Politik hat zu lange an die Wirtschaft geglaubt« – Unsere Zeitung (unsere-zeitung.at)

«Anonyme Köche» heißt der Blog von Claudio Del Principe

Am Donnerstagabend stelle ich ihm u. a. die Frage, warum in uns allen ein Kochtalent schlummern soll und wie es zu seinen schönen Büchern kam:

Claudio Del Principe: «A casa» in Buchhandlung Orell Füssli ZH Kramhof & Bookshop (orellfuessli.ch)

Aus Olten stammen viele Schreibende, aus einem Familienstammbaum anscheinend viele Kunstschaffende.

Der Name der Familie? Aerni. Am kommenden Freitag feiern die Aernis ihre Kunstausstellung in Härkingen (Kanton Solothurn):

27. JAN – 12. FEB | Kunstausstellung «aerni’s» – Verein Alte Kirche Härkingen (alte-kirche.ch)

Tschüss Telegramm, verbotene Weissagungen in Afrika und ein Lob an die Jugend.

Erschienen in der Bündner Woche und jetzt hier zu lesen:

Beobachtet – Sondierung

Darf man einen Vogel in die Hände nehmen? Was tun, wenn ein verletztes Tier gefunden wird? Und warum leben von den letzten Schwalbensittiche auf dieser Erde noch welche in Zürich? Das erfahren Sie, wenn Sie zum Ausflug mitkommen, die vom Naturschutzverein Albisrieden NVA organisiert wird:

Besuch Voliere und Vogelpflegestation Zürich – NV Albisrieden

Bleiben Sie wohlauf und herzliche Grüße

Urs Heinz Aerni

— VERLOSUNG —

Verlosung eines Jahres-Abo des Magazins 50plus.

Ein Heft rund ums Leben, Reisen, Staunen und die Kultur. Herausgegeben von Kurt Aeschbacher. Die nächste Ausgabe u. a. mit Geschichten zu einem rabenschwarzen Vogel. Die erste Einsendung mit Postanschrift hat gewonnen. Es wird über die Verlosung keine Korrespondenz geführt. Viel Glück!

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„Zürich ist begeisterungsfähig“

Der Kabarettist Mathias Richling startet seine Tour mit einem neuen Programm Zürich und gibt Auskunft über sein Verhältnis zur Stadt.

Und wir verlosen zwei Gratis-Tickets für die Premiere am 9. September 2022 im Bernhard Theater Zürich (siehe unten).

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Urs Heinz Aerni: Herr Richling, Sie feiern die Premiere Ihres neuen Programms in Zürich. Wenn man ein Verhältnis zu einer Stadt haben kann, wie würden Sie Ihres Zürich gegenüber beschreiben?

Mathias Richling: Ich feiere die Uraufführung meines neuen Programmes mit Begeisterung in Zürich, weil die Zuschauer in Zürich trotz oder gerade wegen aller nachgesagten Reserviertheit enorm begeisterungsfähig sind. Und so ist auch mein Verhältnis zur Stadt herzlich-distanziert.  Man geht durch die Straßen. Die Menschen, soweit sie Zürcher sind, schauen einen freundlich an. Und grüßt man sie dann, sind sie überrascht, dass sie einen erkannt haben.

Aerni: Was würden Sie einer Bekannten in Berlin Zürich beschreiben, ohne den See und die Bahnhofstraße zu erwähnen?

Richling: Der Vergleich mit Berlin ist ideal wegen der enormen Gegensätzlichkeit: Denn im Vergleich mit der bundesdeutschen Hauptstadt ist Zürich nicht offensiv, nicht extrovertiert, nicht überschäumend, sondern diskret, zurückhaltend und man wird in Zürich nicht behelligt mit den Unbillen anderer Leben.

Aerni: Hier in der Schweiz beobachtet man genau, was im nördlichen Nachbarland geschieht. Umgekehrt scheint das nicht der Fall zu sein. Warum?

Richling: Die Schweizer beobachten Deutschland und seine Politik schon deswegen um so ausführlicher, weil stets eine gewisse Häme mitschwingt über unsere Unfähigkeiten. Und außerdem lenkt diese Häme ab von den Qualen über die Politik im eigenen Land.

Aerni: … eine Art Ablenkung…?

Richling: Das Interesse ist also vor allem Selbstheilung. Man steht einfach besser da, wenn man sich vergleicht mit deutscher Politik. Warum dies umgekehrt nicht der Fall ist, mag mit einer gewissen deutschen Überheblichkeit zu tun haben. Es scheint sich für uns nicht zu lohnen. Schade.

Aerni: Ihr aktuelles Programm karikiert mit viel satirischem Biss das Gebaren der Mächtigen in Deutschland und der Welt drum herum. Wieviel Hoffnung sehen Sie als kritischer Geist für unsere Gesellschaft, so ganz unter uns gefragt?

Richling: Wenig. Denn die Erfahrung zeigt – ob beim Klima, bei Corona, bei der Wirtschaft oder beim Krieg – , dass der Mensch, auch der deutsche, erst neigt zu Menschlichkeit, zu Rücksicht, zu Nachsicht, zu Umsicht, wenn er selbst wirklich und existentiell in Not gerät.

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Premiere «Mathias Richling#2023» am 9. September 2022 um 20 Uhr im Bernhard Theater Zürich

Für alle, die mitmachen an der Verlosung: Bitte einfach eine Mail mit Name und Anschrift schicken an: ursaerni@web.de. Viel Glück!

www.bernhard-theater.ch/spielplan/mathias-richling

So oft und gerne der schwäbische Menschen-Beobachter, Politik-Deuter und sarkastische Wahr-Sager Mathias Richling im Fernsehen zu sehen ist: am liebsten kommuniziert er doch direkt und live mit seinem Publikum, was durch pandemische Umstände in den letzten Jahren nicht leicht oder unmöglich war. Richling, der von vielen Kritikern als der beste Parodist der deutschen Kabarett-Szene gefeiert wird, bringt seine jüngsten Beobachtungen wie immer in literarisch anspruchsvoller Form (über seine Texte gibt es bereits Magister-und Doktorarbeiten) und kaum jemand aus Politik und Show bleibt verschont.

„Die meisten Frauenfiguren habe ich im Labor entwickelt“

Nach der Lektüre des Buches stellte ich dem Autor Ernest Albert über seinen Roman „Der Metro-Medizinmann“ Fragen.

 

Urs Heinz Aerni: Der Begriff Medizinmann lässt an alte Zeiten denken, dabei spielt Ihr Roman in den 1990er Jahren. Wie weit ist für Sie dieses Jahrzehnt entfernt?

Ernest Albert: In Jahren sind die Neunziger noch nahe, kulturell kommen sie mir bereits wie eine Reise zum Mars vor. Auch meine liebe Exfreundin Seung Hee berichtet, dass sie in Bürounterhaltungen über die damalige cyberdelische Kultur Acht geben muss, keine zwanzigjährigen Kolleginnen zu erschrecken. Diese hören ja teils wieder Schlagermusik und schunkeln in Bierzelten. Aber warum auch nicht? Wenn die Jugend neokonservativ ist, haben wir sie durch Verunsicherung womöglich dazu gebracht.

Aerni: Die Raverszene wurde in den Neunzigern geboren, der Techno kam auf und an diversen Orten Zürichs gab es die illegalen Partys. Wo konnte man Sie damals antreffen?

Albert: Mit Freunden hatte ich bereits in den Achtzigern beliebte Reizüberflutungen auf House-Basis in der Zürcher Flughafenregion veranstaltet. Als die Technobewegung dann fett unterwegs war, gehörten das Brut in Zürich-Altstetten, das alte X-tra an der Hardturmstraße und das Spidergalaxy in der Geroldstraße zu unseren dauerhaft geschätzten Locations. Dies nebst unzähligen Orten für nur wenige Nächte. Wichtig waren zudem Bergfestivals wie die frühen „Visions“ von DekaDance. Sie haben meine Romanfigur „Medizinmann“ mitgeprägt, da auch sie philosophische Kraft aus der Direktbeziehung Großstadt-Hochgebirge zieht.

Aerni: Ihr Roman umkreist einen Mann namens Andres, der sich schwer tut mit der Trennung von Nadine und während er sich in die urbane Ausgeh-Szene mischt, lernt er einen Mann kennen, der sich Medizinmann nennt. Was war die Initialzündung für Ihr Buch?

Albert: Ich hatte bereits „Siggi Minne“ publiziert, einen Roman, der mich laut Rezension im Avantgarde-Medium STRAPAZIN als „bedeutenden Gegenwartsliteraten“ empfahl.

Aerni: Kompliment …

Albert: Vielen Leserinnen und Lesern war jenes Buch jedoch zu experimentell. Also ließ ich mich von Vorbildern wie Raymond Queneau und Stefano Benni zu einem urbanen Märchen inspirieren. Es sollte Tiefgang mit einer einfachen, witzigen und klaren Sprache verbinden – und wurde zum „Metro-Medizinmann“.

Aerni: Ihr Roman liest sich als Spiegel einer Liebes- und Lust-Kultur, die es heute nicht mehr zu geben scheint. Hand aufs Herz, wir beide sind älter und nicht mehr so in der Szene drin; vielleicht gibt es ihn doch noch, den 90er Groove und wir checken es einfach nicht mehr?

Albert: Vielen Dank für Ihre Frage ob das Buch, wenn ich Sie richtig verstehe, nostalgisch motiviert ist.

Aerni: In etwa, ja.

Albert: Ganz klar nein. Alle Gäste unserer Zürcher Buchvernissage waren ja anschließend im „Haus von Klaus“ eingeladen, einem der aktuell angenehmsten Clubs im deutschen Sprachraum. Unter den Freunden, die die Vernissage bereicherten, waren unter anderem Thomas Hess, der kürzlich mit seinen Kollegen die Bar 3000 über der „Zukunft“ analog gerockt hat, und Marius Neukom, der gerade einem der groundigsten Zürcher Orte neues digitales Leben einhaucht – dem ehemaligen Klubi an der Wasserwerkstraße. Über fortgesetztes Grooven freue ich mich also einfach. Dies erstens für mich und meine Liebsten, zweitens für die ehemaligen Kids, die etwas später gekommen sind und drittens für alle Leser, die damit einen natürlicheren Zugang zum Roman haben. Um übrigens die Neunzigerjahre pauschal nostalgisch zu verklären, sind sie mir zu zwiespältig. Das gleiche gilt für Zürich, auch wenn es mir ans Herz gewachsen ist.

Aerni: Ihre Fabulier-Lust ist fast in jeder Zeile spürbar, auch lieben Sie Dialoge. Wie sind Sie vorgegangen, wie haben Sie Ihre Figuren gefunden?

Albert: Die meisten Frauenfiguren habe ich im Labor entwickelt, indem ich ehemalige Freundinnen auf einer interessanten Entwicklungsstufe eingefroren und dann nach einem Steigerungsplan sozusagen an den Buchhelden verfüttert habe. Die meisten Männerfiguren sind abgespaltene Persönlichkeitsanteile von mir. Ich habe die Figuren miteinander quasseln lassen, was die Dialoge ergeben hat. Es gibt aber auch Menschen, die behaupten würden, dass alles, was ich soeben geäußert habe, ein einziger Schwindel ist, zur Unterhaltung erfunden.

Aerni: Wenn ich ein Bild mit einem lesenden Menschen mit Ihrem Buch in den Händen malen würde, wie müsste es aussehen?

Albert: Es müsste aussehen wie einst ein gefesselter Leser des „Zauberbergs“, nachdem dieser Belle-Epoque-Roman endlich, doch noch und in einer längst veränderten Epoche erschienen war, nämlich erst 1924.

Aerni: Wie würde Ihr Roman heißen, wenn Sie nun unser jetziges Jahrzehnt als Kulisse bräuchten?

Albert: Einen Titel für diesen Fall zu improvisieren scheint mir etwas riskant. Aber bezüglich der Gattung könnte ich, da ich inzwischen auch in Wien wohne, urleicht auf den Satire-Geschmack kommen.

Infokasten:

Ernest Albert wurde 1967 in Kalifornien geboren. Er lebt heute als Autor in Zürich und Wien, schrieb früher für das Magazin STRAPAZIN. In Zürich studierte Albert Vergleichende Literaturwissenschaft und promovierte als Soziologe zum Werte- und Gesellschaftswandel. Sein Roman „Der Metro-Medizinmann“ ist im Verlag C. F. Portmann Zürich erschienen: ISBN 978-3-906014-32-6, CHF 28.80. Euro 25,70

Wieso nicht Bremen?

Der Schweizer Kabarettist, Literat und Schauspieler Jens Nielsen mit dänischen Wurzeln pendelt zwischen Berlin und Zürich. Wir stellen ihm Fragen.

Urs Heinz Aerni: Sie lebten in Berlin um zu Schreiben … wieso nicht … zum Beispiel Bremen?

Jens Nielsen: Ich habe Angst vor Bremen. In Berlin kann ich gut arbeiten. Ich habe immer wieder viel Zeit in dieser Stadt verbracht, und nicht wenige meiner Texte sind dort entstanden oder fertig geworden. Abgesehen davon ist es auch die Großstadt an sich, die man als Schweizer Künstler regelmäßig bewohnen sollte. Wir haben keine eigene. Wenn Bellinzona fünf Millionen Einwohner hätte, würde ich ab und zu auch dorthin. Abgesehen davon, ein bis an den Rand zugebautes Tessin wäre städtebaulich zwar interessant, aber ökologisch eine Höllentat. Daher bin ich froh, dass wir keine Großstadt haben. Vielleicht werde ich aber trotzdem einmal nach Bremen fahren. Wer weiß, vielleicht für ein Antipanik-Seminar.

Aerni: Wo sehen Sie den Unterschied zwischen dem Schweizer und dem Deutschen Publikum?

Nielsen: Das deutsche Publikum ist größer. Und vor Jahren sagte mir eine Deutsche Agentin voraus, meine Programme würden vor allem dem Publikum nördlich des Weißwurst-Gürtels gefallen. Das leuchtete mir insofern ein, als ich humoristisch tatsächlich über der Gürtellinie arbeite. Inzwischen weiß ich aber, der wichtige und inspirierende Unterschied besteht zwischen einem Publikum von heute Abend und dem von gestern oder morgen. Wo ich spiele, unterliegt vor allem diesem universalen Unterschied. Immerhin, je nördlicher ein Auftritt, umso mehr kann ich von meiner Bahncard 50 profitieren.

Aerni: Das Schweizer Boulevard-Blatt BLICK bemerkte, dass Sie stets ein begeistertes Publikum hinterlassen. Machen Kritiken Presse nervös?

Nielsen: Meine Zustimmungsrate während einer Vorstellung liegt in der Tat bei 90 Prozent. Nehmen wir noch an, ich übertreibe unbewusst mit 10 Prozent zu meinen Gunsten. Das bringt mich zu einer 80/20 Rate. Diese Zahl ist möglicherweise genau, sagt aber nichts aus über die Anzahl Zuschauer. Ehrlich gesagt, ich glaube nicht, dass diese je auf kommerzielle Dimension anwachsen wird. Von der Kritik indessen erhoffe ich zu viel, wie wahrscheinlich viele Künstler. Ich lese eine Rezension deshalb mit aufgesetzter Nonchalance. Die bricht aber zusammen. Ist die Kritik schlecht, verdräng ich sie, oder esse die Zeitung auf, in der sie abgedruckt ist. Online geht das leider nicht mehr gut, notfalls aber schon.

Aerni: Und wenn die…

Nielsen: …ist die Kritik euphorisch, finde ich sie angemessen. Dann ruf ich jemand an und erwähne den Artikel nebenbei. Oft glaube ich aber auch, die schlechte Rezension wäre die Wahrheit. Und die gute eine Illusion oder ein Zufall. Ich erwarte nicht, dass sich der Widerspruch je auflöst.

 

Weitere Infos zu seinem letzten Buch:

Besuchen Sie die Website von Jens Nielsen…