Politische Information oder eher…?

In allen Briefkästen lag das «Extrablatt» der Schweizerischen Volkspartei, kurz SVP. Die Schlagzeilen und die Tonart in diesem Printprodukt schlagen jeden Versuch, nur ein bisschen Verständnis für diese Partei aufbringen zu wollen, endgültig in den Wind. Ein paar Beispiele:

Klimawandel: «Links-grüne Ideologen versuchen, diese Situation schamlos auszunutzen, um ihre untauglichen Rezepte salonfähig zu machen.»

Als parteiloser Journalist bin ich für ein Verbot von Gift in der Landwirtschaft, den Umverlad von LKWs auf die Schiene durch die Alpen und ein Stopp der Zersiedelung von noch grünen Landschaften. Was soll daran ein untaugliches Rezept sein?

Und der Parteipräsident Albert Rösti schreibt: «Auf die schrille Panikmache soll der sozialistische Umbau unserer Gesellschaft folgen.» Oder: «Hinter dem grünen Mäntelchen verstecken sich roter Zwang und knallharte Machtpolitik.»

Wie viel Macht ballt sich hinter den Konzernen, denen Expansion über alles geht, lieber Herr Rösti?

«Schon in der Bibel drohten Propheten mit dem Untergang der Menschheit. Warum? Man kann über verängstigte Menschen Macht ausüben.» (Peter Keller, SVP Hergiswil). Wir wissen nicht, ob Herr Keller an die Bibel und den dazugehörenden Gott glaubt, wenn ja, dann hat er ein Problem, denn die Propheten wurden ja von Gott gesandt um sein Volk zu warnen…

Im Versuch, moderat zu bleiben, darf durchaus erwähnt werden, dass die Beiträge von Nadja Pieren aus Heimiswil (BE) oder Walter Wobmann aus Gretzenbach (SO) oder Marcel Dettling aus Oberiberg (SZ) oder Andreas Aebi aus Alchensdorf (BE) Anlass geben, um am runden Tisch weiter zu diskutieren. Nebenbei sei vermerkt, dass nirgends ein Text aus einer Großstadt zu lesen ist.

Wenn aber Roger Köppel meint, es gäbe «keinen wissenschaftlichen Beweis», dass «der Mensch einen maßgeblichen Einfluss aufs Klima» habe, und dass hauptsächlich die Zuwanderung die Umwelt belaste aber unseren Verbrauch an Wohnbedarf, die Swimmingpools, die im Ausland mit Billiglöhnen produzierten Produkte mit Schweizer Label und das zunehmende Geschäft mit der Fliegerei nirgends erwähnt, degradiert er dieses «Extrablatt» als oberflächliches Werbemittel, das eigentlich nicht in den Briefkästen landen durfte auf denen ein Reklameverbot klebt. Im Impressum steht: «Bei dieser Zeitung handelt es sich weder um Werbung noch um Reklame, sondern um eine politische Information. Darum darf sie auch in jene Briefkästen verteilt werden, auf denen sich ein Stopp-Kleber befindet.»

Wenn jedoch ein namenloser Maturand in diesem Blatt folgendes sagt: «Ich sehe aus wie ein Hippie. Auch bei Regen und Schnee laufe ich mit Sandalen und kurzen Hosen herum. Für meine Maturaarbeit entwickle ich eine Schneekanone für den Garten. Und ich wähle SVP, weil sie sich für eine starke und eigenständige Schweiz einsetzt», dann ist das keine politische Information, sondern Kabarett.

Urs Heinz Aerni

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Wenn der Gärtner von Trump ablenkt

In dieser Kolumne wollte ich Sie über die Unterschiede der Parteien SVP, FPÖ und AfD informieren und warum Donald Trump mit seinem Intimleben Probleme hat. Als ich mich vor die Tastatur setzte, musste ich das Fenster schließen und mich ärgern.

Gleich nebenan warfen drei Männer zwei Benzin-Hochleistungs-Rasenmäher und einen Laubbläser an. Der Rasen, der dran glauben sollte, ist überschaubar gross, eher klein. Garten- und Häuserbesitzer sorgen sich immer weniger um ihren Umschwung, dafür Firmen mit schwerem Geschütz, die im Firmenlogo oft ein Klee- oder sonst ein Grünblatt haben.

Man erinnere sich an die Zeiten, in denen der Hauswart mit der Zigarre im Mundwinkel den Vorplatz wischte oder als der Hausbesitzer am Samstag da und dort die Ästchen abzwickte. Heute haben die Eigentümer für solche und ähnliche Arbeiten keinen Nerv, den verlieren sie lieber im Büro oder auf dem Bike. Deshalb beschliessen Eigentümerversammlungen, den „Profis“ auf Auftragsbasis die „Gartenhege“ zu überlassen. Blitzeblank schaut das dann aus. Im Intervall von wenigen Wochen stehen Männer unter den Bäumen und rechen die Erde von jedem Laub frei. Maschinell rasiert ein Arbeiter die Lavendelstauden in voller Blütepracht anfangs August. Wohlverstanden, ein Mitarbeiter eines Gartenunternehmens, das wohl im Herbst keine Aufträge annehmen kann.

Gut, da gibt es auch die Architektin, die um ihre Neo-Bauhaus-Wohnblöcke Natur- und Magerwiesen wachsen und nur zweimal jährlich mähen lässt, soll ja auch nicht im löblichen Sinne unerwähnt bleiben. Die Freude darob erblasst ziemlich schnell angesichts der neu erbauten Häusern mit zwei von Tuja-Hecken umzingelten Palmen als müsste bei jeder Biene und Wiesenblume Alarm geschlagen werden.

Ich glaube, wir sind soweit, dass Gärten durch die Pro Natura oder Greenpeace vor gewinnmaximierenden Gärtnern geschützt werden müssen. Kann es sein, dass der ehemalige Anwalt fürs Grüne dank Renditedruck zum Feind für naturnahe Oasen wird? Ja, klar, wir leben ja alle von Geld, Umsatz, Gewinn. Aber wir leben länger, besser und fröhlicher wenn ökologische Vielfalt auch vor der Haustüre stattfindet. Liebe Unternehmen der grünen Zunft, wie wäre eine Verlagerung von Nullachtfünfzen-Dienstleistungen auf naturnahe Pflege mit dementsprechender Aufklärungs- und Beratungsangeboten? Könnte ein Markt sein…

Ich öffne das Fenster wieder, die Männer verladen beim Nachbarn die Geräte auf den Kleinlaster … ich wollte eigentlich über was Anderes schreiben, aber, geschreiben ist geschrieben.

Urs Heinz Aerni

 

Der passende Lektüretipp: „Blumenreiche Lebensräume und Wildbienen im Siedlungsgebiet. Eine Broschüre für 4 Franken auf www.birdlife.ch zu haben.

Wenn die Schweizerische Volkspartei für die Schweiz peinlich wird

Was wäre, wenn jede Partei und Gesinnungsgemeinschaft sich dergestalt bei einem Jubiläum eines Ereignisses, das von Bedeutung war, aufführte?
Dann hätten wir in einem Land der Zivilisation und Bildung solche pathetisch und hemdsärmelig choreografierte Demonstrationen am Laufmeter. Das Ausland zeigt sich immer wieder beeindruckt ob der sachbezogenen Diskussionskultur sowie einer lösungsorientierten Kompromisspolitik.
Mit einer solch peinlicher Performance in den Hallen der eidgenössischen Verantwortung, schießt die SVP seinem Anliegen ein ziemlich lächerliches Eigentor, dem Anliegen einer Schweiz, die auf Augenhöhe mit anderen Staaten verhandeln möchte.
Und dies erst noch im vollen Bewusstsein, dass unser nationales SRF, davon in Bild und Ton berichtet, was zwar seine Pflicht ist aber diese gefährdet wird durch eine Initiative, die genau von dieser Partei mitgetragen wird, die hier wohl einmal mehr spekulierte, dass durch solche medienfreundliche Effekthascherei profitieren zu können.

Urs Heinz Aerni, der durch seinen Beruf oft im Ausland weilt und nun seinen irritierten Gesprächspartnern zu erklären versucht, wie die wirklich Schweiz tickt.