Beobachtet

Veröffentlich in der Bündner Woche

Die Deutsche Post stellte auf den Jahreswechsel den Telegramm-Dienst endgültig ein und am letzten Tag wurden noch 3’228 Telegramme verschickt. Was bleibt? Die Redewendung, im «Telegramm-Stil» was aufzunotieren. Übrigens, in der Schweiz gibt es noch Firmen die Telegramm-Post anbieten.

Und in Ghana hat die Polizei verboten, Prophezeiungen, Weissagungen und Gerüchte über die Zukunft zu veröffentlichen, was in vielen afrikanischen Ländern religiöse Oberhirten gerne tun. Das Verbot soll verhindern, unnötig Angst und Unsicherheit in der Bevölkerung zu verbreiten. Ein Jurist betont jedoch, dass es kein Gesetz gebe, das «Weissagungen reguliere». Nun hier im Westen werden in den Medien ja laufend Fachleute befragt, was das Jahr uns bieten wird, von Inflationsraten über das Wetter bis zu den Wahlen und Volksabstimmungen.

Hoffen dürfen wir immer.

Nach der lautesten Neujahrsnacht die ich je erlebt habe – als hätten alle die, die am 1. August nicht abfeuern durften dies jetzt nachgeholt – wurde über die Jugend geschimpft. Doch sie kann auch anders.

Als ich neulich am Abend in eine Bar ging um bei einem Glas Wein mich der Pflichtlektüre zu widmen, beobachtete ich folgendes Szenario: Die junge Kellnerin, die wahrscheinlich als Studentin hier jobbte, widmete sich mit viel Geduld und Humor einem nicht einfachen Kunden am Tresen. Links von mir saß ein junges Paar und spielte konzentriert Schach. Rechts am Tisch diskutierten vier junge Frauen nicht über Partys, Modetrends oder Kerle, sondern über gelesene Bücher, Klassiker der Weltliteratur. Da befand ich mich mitten drin als Ältester im Raum und dachte, soll ja einer wieder schimpfen über die Jungen…

Urs Heinz Aerni

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