Impf statt Schimpf

Die journalistische Gattung «Kolumne» stammt aus dem 18. Jahrhundert und schwappte später von der britischen Pressekultur auf den ganzen Kontinenten über. In der Kolumne schreibt regelmäßig eine Autorin oder ein Autor über Beobachtungen, Einschätzungen und Schlussfolgerungen aus dem Leben des Alltags. Das kann von einer seltsamen Begegnung im Bus sein oder beim Anstehen im Bio-Laden. Das Weltgeschehen greift oft mehr als erwünscht in unseren kleinen Alltag ein. Als ein öffentlich Publizierender werde ich logischerweise auch und immer wieder mit der Frage konfrontiert, wie ich es denn mit dem Impfen habe. Deshalb hier und einmalig meine Erklärung, warum ich mich impfen ließ und wieder lassen werde:

  1. Nach eingehender Recherche bin ich zum Schluss gekommen, dass alle zugelassenen Impfstoffe die üblichen und notwendigen Forschungsstufen und Qualitätskontrollen bestanden haben und den bestmöglichen Schutz bieten.
  2. In einer Gesellschaft tragen wir die Verantwortung, dass Mitmenschen bei schweren Erkrankungen oder Unfällen die bestmögliche medizinische und therapeutische Hilfe erhalten. Dies kann –natürlich mit Ausnahmen – durch eine Impfung besser gewährleistet werden.
  3. Auch wenn aus biologischer oder evolutionstechnischer Hinsicht über den Zweck des Impfens gerne weiter diskutiert werden darf, beginnt in einem demokratischen Rechtsstaat mit all seinen Mängeln irgendwann das Vertrauen. Ich schenke den Expertinnen und Experten in Wissenschaft und Medizin das Vertrauen in ihre Arbeit und auch den Verantwortlichen in den Behörden und der Verwaltung, in der Überzeugung, dass sie versuchen, den menschenmöglich besten Job zu machen. Ansonsten müsste ich bei jedem Koch in den Topf oder der Lokführerin über die Schulter schauen.

So, nun freue ich mich wieder auf die großen Geschichten aus unserem kleinen Alltag für die nächste Kolumne.

Urs Heinz Aerni

Diese Kolumne erschien in der Zeitung BÜNDNER WOCHE

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Der Karl

Mit dem Versuch, einer von ihnen zu sein, setze ich mich mit einer Bierdose auf eine Holzbank, an einem Platz in einer Stadt in unserem Land. Es ist ein Platz, auf dem am Samstag der Gemüse- und Blumenmarkt die jungen Familien aus den besseren Wohnvierteln zum Bio-Einkauf anlockt. Noch immer herrscht Lockdown, zwar mit offenen Läden aber noch mit geschlossenen Kneipen. In Zeiten zuvor setzte ich mich nach getaner Schreibarbeit gerne mit meiner Lieblingszeitung zu einem Feierabendbier an den Tresen der Bar meines Vertrauens, oft in Gesprächen mit Menschen, die hier mehr als ihre Freizeit verbringen.

Dieses Refugium beim Rosi im «Sternen» oder bei der Martha im «Löwen» wurde ihnen auf amtlichem Wege genommen. Ich kann gut damit leben, mit meiner Liebsten in unserer schönen Wohnung mit vielen Büchern und einem Garten. Aber was ist mit ihnen? Den Sololebenden, die nach Werkstatt und Baustelle, ihrem Alltag durch Hocken an der Bar und sicher mit genug Bier ein Schnippchen schlagen wollen? Was tun die jetzt? Ein Teil von ihnen finden sich hier, auf diesem erwähnten Platz. Mit Dosen bewehrt, besetzen sie die Bänke und Betonmäuerchen rund herum. Ich sitze als Fremder unter ihnen, werde aber mit «Servus» gegrüßt. Sie geben sich freundschaftlich die Ellbogen oder die Fäuste. Diese Formulierung wäre vor Corona wohl anders verstanden worden.

Das Leben in der Kneipe, Beiz oder Beisl (je nach Land) wurde trotz Wind und Wetter auf diesen Platz verlegt, hoffend, die Gefühls-Oase in dieser sich selbstoptimierenden Gesellschaft ersetzen zu können. Ich stehe auf und gehe zum Bus. Mit mir steigt ein alter Mann mit zerzaustem Haar und Maske unter der Nase ein. «Wir haben uns doch grad gesehen…»

«Ja, drüben auf dem Platz»

Er setzt sich hin, schaut mich an.

Ich erfahre von ihm, dass er alt ist, alleinstehend, und zwei Wochen in der Intensivstation lag, wegen Corona. Er drückt den Knopf, lächelt und sagt Tschüss beim Aussteigen.

Laut ist der Protest der Wirtschaft gegen die Corona-Maßnahmen, laut die Nöte der Kulturschaffenden und des Medizinpersonals, doch wer denkt an ihn, den Karl oder Rudi ohne «Sternen» und «Löwen»?

Urs Heinz Aerni

Erschienen in der Zeitung BÜNDNER WOCHE

Für uns da?

Neulich wollte ich einem Freund in Österreich ein Buch als Geschenk schicken. Am Postschalter verlangte ich nach dem grünen Zollaufkleber. Den gebe es nicht mehr, man müsse sich jetzt im Internet bei der Post einloggen und ein Zollformular ausfüllen mit allen Details wie Inhalt und Gewicht. Dann könne das Paket verschickt werden. Ansonsten müsste ich am Schalter eine zusätzliche Gebühr entrichten. Statt Service also Homeoffice für den Kunden.

Dann lag kurz darauf eine saftige Rechnung der Ausgleichskasse (in der Schweiz obligatorische Altersvorsorge für Freischaffende, sogenannte 1. Säule) im Briefkasten und setzte mit einem fetten Verzugszins-Betrag den buchhalterischen Höhepunkt. Es ging dabei noch um Steuerrechnungen aus früheren Jahren, die durch irgendwelche Verzögerungen verspätet bearbeitet wurden. Die damaligen Steuererklärungen wurden von meiner damit beauftragten Expertin fristgerecht eingereicht. Ich rief an und man erklärte mir, dass ich als Freischaffender verpflichtet sei, die definitive Steuerrechnung der Ausgleichskasse zu melden, damit die AHV-Beiträge berechnet werden können. Das stünde irgendwo auch ge- schrieben.

Während die Krankenkassen im Kanton Zürich automatisch gebührentechnisch auf die Steuerrechnungen reagieren, muss die Ausgleichskasse aktiv informiert werden. Nach dem coronabedingten Totalausfall von dreieinhalb Monatseinkommen kam die Formularschlacht, die das Wirtschaftsamt und die besagte Ausgleichskasse verlangten. Nach gewissenhaftem Ausfüllen, was nicht wenig an Arbeitsstunden kostete, kam von der Ausgleichskasse etwas Geld, das einem durchschnittlichen Monatsumsatz entsprach. Vom Wirtschaftsamt Zürich hieß es später am Telefon, dass keine Unterstützung möglich sei, da ich als Freischaffender ohne Angestellte, Firmenauto, Geschäftslokal mit Sortiment und Miete lediglich ein kleines Risiko für die Gesellschaft sei, falls ich finanziell «hops» ginge. Zugegeben: Salopp von mir zusammengefasst.

«Wir sind für Euch da» sagte Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga an der Medienkonferenz zu Beginn der Covid-19- Krise.

Hmm – wie könnte sie das denn gemeint haben?

Urs Heinz Aerni

Ist auch in der Zeitung Bündner Woche  erschienen

Kulturtipp für Büchermenschen in Graubünden…

„Theater, ein Fest des Augenblicks!“

Der bekannte Schauspieler Hanspeter Müller-Drossaart steht oft auf dem Dreh-Set und ebenso leidenschaftlich auf der Bühne. Nach der Tournee mit „Der Trafikant“ von Robert Seethaler, folgt nun die Umsetzung des Romans „Bajass“ von Flavio Steimann. Er erklärt, warum und wie er mit der cornabedingten Auftrittspause umgeht.

 

Urs Heinz Aerni: Ihre Umsetzung des Romans „Der Trafikant“ von Robert Seethalers heimste sehr viel Lob seitens Publikum und Kritik ein, und Auftritte stehen noch bevor. Nun bringen Sie den Roman von Flavio Steimann „Bajass“ auf die Bühne, der zwar weniger bekannt ist aber irgendwie eine atmosphärische Verwandtschaft zum „Trafikant“ zu haben scheint. Warum haben Sie sich für „Bajass“ entschieden?

Hanspeter Müller-Drossaart:  Als ich vor ein paar Jahren den Roman las, hat es mich schlichtweg umgehauen: Was für ein Stoff! Was für wunderbare atmosphärische Bilder! Eine berührende Kriminalgeschichte in eine großartige, ungemein elaborierte und kunstvolle Sprache gesetzt. Die von Buschi Luginbühl und mir am Radio SRF produzierte und erfolgreiche Hörspielfassung des Romans hat die Idee bekräftigt: „Bajass“ muss als nächstes Werk auf die Erzähltheater-Bühne!

Aerni: Während der „Trafikant“ sich kurz vor und während dem Zweiten Weltkrieg in der Weltstadt Wien abspielte, führen Sie nun mit „Bajass“ die Besucherinnen und Besucher in die Zeit von ca. 1910 in die ländliche Provinz der Schweiz. Wo lagen die Herausforderung-en für Sie bei der Sprachausarbeitung ohne den Wienerischen Sound?

Müller-Drossaart: Die größere Nähe meiner eigenen Identität zum helvetisch-bäuerlichen Wesen, galt es in der darstellerischen Ansiedlung sozusagen als Fundament zu setzen, um in der Reibung mit der gestalteten Sprache spannende Farben zu erreichen. Flavio Steimann setzt immer wieder ganz bewusst seltene, zeitbezogene Helvetismen ein, die uns in die Welten der Geschichte begleiten. Diese ausgeklügelten Sprachnoten fordern viel Übung in gedanklicher und artikulatorischer Geläufigkeit. Mund-und Hirn-Handwerk sozusagen.

Aerni: Was muss ein Text mitbringen, damit er von Ihnen auf die Bühne getragen wird?

Müller-Drossaart: Als erstes muss er mich überraschend am Leselust-Schlawittchen packen! Alsdann sollte der Stoff und die Personen bewegend und relevant sein und das Ganze in einer sinnlichen Sprache.

Aerni: Das aktuelle Stück ist ein Kriminalfall, in etwa auch in der Glauserischen Manier. Würden Sie dem zustimmen?

Müller-Drossaart:  Eindeutig! Wir verfolgen einen alternden Kriminalkommissar, einen „Menschenjäger und Fallensteller“ wie er sich selber beschreibt in seinem letzten Kriminalfall, wo er, wie der uns bekannte Wachtmeister Studer aus Friedrich Glausers Romanen mit einer analytischen aber auch menschlich-warmen Zugewandtheit zum schuldigen Täter eine eigene Vorstellung von Gerechtigkeit entwickelt.

Aerni: Das große Publikum kennt sie durch Filme wie „Grounding“, „Die Herbszeitlosen“ oder „Sennentuntschi“ oder durch TV-Serien wie „Bozen Krimi“. Was fasziniert Sie am reduzierten Spiel mit Text und Mimik auf der Kleinkunstbühne?

Müller-Drossaart:  Die unmittelbare Begegnung zwischen Sprache und Publikum! Die unaufwendige, karge Form des  Geschichten-Erzählens, wo die Bilder in den Köpfen der Zuhörenden und Zu-schauenden entstehen können- Jetzt im Moment, unverfälscht im analogen Spiel.

Aerni: Mittlerweile publizierten Sie als Autor zwei erfolgreiche Mundart-Lyrik-Bände. Wenn Sie ein Buch lesen, wie schnell geht es, dass Sie die passenden Stimmen dazu im Kopf hören?

Müller-Drossaart: Zuweilen, in besonders glückhaften Momenten reden die Figuren direkt aus den Sätzen heraus, springen auf die Zunge! Dieser schauspielerische Kern-Reflex ist sehr genussvoll und ermöglicht mir theatrale Polyphonien im Kopf! die ganze commedie humaine marschiert manchmal vor meinen Augen auf!

Aerni: Trotz digitalisierte Unterhaltungsindustrie scheint das Schauspiel auf der Bühne durch real existierende Menschen noch zu funktionieren. Warum?

Müller-Drossaart: Weil es jetzt im selben Raum im gemeinsamen Kontakt zwischen Künstlern und Publikum stattfindet und dadurch etwas Einmaliges zum Ausdruck kommt. Genau diese Menschen des Abends werden nie mehr so zusammenkommen! Theater ist, wenn’s gelingt eine Feier des Augenblicks!

Aerni: In welcher Gemütsverfassung sollte das Publikum Ihre aktuelle Aufführung besuchen kommen?

Müller-Drossaart: schaulustig, geschichtsgierig und verführungsbereit!

Aerni: Es wurden viele bis alle Kulturanlässe wegen Corona abgesagt. Wie gehen Sie damit um?

Müller-Drossaart: Ich versuche im Dialog mit den Veranstaltern unbedingt Verschiebedaten zu organisieren, was in vielen Fällen möglich ist, aber die aktuell leere Familienkassennot nicht erleichtert. Daneben erhöhe ich die Arbeit an weiteren Projekten, die ich später als selbständig tätiger Kunstschaffender anbieten kann. Es gibt viel zu tun.

Aerni:  Sie wirken auch als Schriftsteller, vielleicht eine Zukunft abseits der Bühne und des Films?

Müller-Drossaart: Glücklicherweise habe ich in den letzten Jahren bereits meine anderen «art-skills» erforscht und weiterentwickelt. Der Umgang mit Sprache und Inhalten kann in verschiedenen Medien stattfinden und das kreative Schreiben kommt mir sehr entgegen. Da der Spielraum Schweiz im weitesten Sinne gesehen, sehr klein ist, muss man als Schauspieler erfinderisch auch Grenzbereiche erforschen, um eine kontinuierliche Existenz zu finden.

Aerni:  Humor, Witz und Kabarett gehörten stets ins Programm Ihrer Schauspiel-Laufbahn. Können Sie etwas aus diesen Kompetenzen für die Realität des Lebens schöpfen?

Müller-Drossaart: Ja, gewiss! Humor in seiner ursprünglichen Bedeutung von «Lebenssaft» wird in der akuten Pandemiezeit plötzlich mehr als eine frivole Koketterie mit fernen, fiktiven Untergangsfabeln. Wir sind angehalten, unsere Werte zu befragen und aufs Wesentliche zurück zu finden. Der schwertriefenden moralische Entrüstung und Schuld-Menetekelei, die in diesen Tagen auch ihre verurteilenden Runden dreht, gilt es mit Verstand und ironisch befragender Distanz zu begegnen. Humor hilft uns, nicht in die Abgründe des Ausweglosen zu versinken. Witz, Geist nicht als Strafnebel, sondern als die konstruktive Kraft der Erkenntnis zur Lösung der Probleme.

Ein weiteres Interview mit Hanspeter Müller-Drossaart mit Ausschnitten des aktuellen Stückes ist auf dem Sender DIE REDAKTION zu sehen. Hier per Mausklick.

Über aktuelle Projekte von Hanspeter Müller-Drossaart erfahren Sie hier mehr: www.hanspeter-mueller-drossaart.com

 

Info: Hanspeter Müller-Drossaart, 1955 in Sarnen geboren, in Erstfeld aufgewachsen, war als Schauspieler am Schauspielhaus Zürich und dem Wiener Burgtheater tätig. Die Öffentlichkeit kennt Hanspeter Müller-Drossaart aus TV- und Film- Produktionen sowie auch als Vorleser bei Radio und Fernsehen («Literaturclub» SRF/3sat). Von ihm sind die beiden Gedichtbände «zittrigi fäkke» in Obwaldner Mundart und der Urner Lyrikband «gredi üüfe». Mit dem literarischen Bühnenstück «Bajass»  tourt er durch die ganze Schweiz.

 

 

 

Freiheit oder Risiko?

In der NZZ AM SONNTAG erklären Expertinnen und Experten, dass das Sars-CoV-2 nur ein Ziel hat: sich vermehren und verbreiten. Das ist ein Naturgesetz. Deshalb sind bei allen Viren laufende Mutationen zu beobachten, um sich neuen Situationen anzupassen. Was bei Corona, für das es noch kein Impfmittel gibt im Gegensatz zu den Grippe-Viren, anders ist und wie viel wir noch nicht wissen, macht dieser Bericht deutlich, den Sie hier lesen können:

https://nzzas.nzz.ch/wissen/corona-bulletin-8-sauerstoffsaettigung-zuhause-messen-ld.1555703#subtitle-wie-das-coronavirus-mutiert-second

Parallel zu diesem noch großen Unwissen seitens Wissenschaftler über das Phänomen Corona, werden die Proteste gegen die Schutzmaßnahmen der Regierungen und Behörden lauter. Nun, in der Tat könnte diese Krise den Machthabern mit diktatorischen Gelüsten und Parteien mit nationalistischen Vorstellungen in die Hände spielen. Und doch, haben die demokratisch gewählten Behörden die Pflicht und die Verantwortung, das Leben und die Gesundheit über wirtschaftliche Interessen zu stellen.

Immer mehr Menschen gehen nun auf die Straßen und verlangen das normale Leben zurück. Zu ihnen gesellen sich aber immer mehr Leute, die Corona als normale Grippe abtun oder sogar behaupten, dass es ein Produkt von Gehimdiensten sei. Über die verschiedenen Maßmahmen und Entscheidungen der Regierungen kann und soll diskutiert werden. Diese Krise sei eine „demokratische Zumutung“, so die Deutsche Bundeskanzerlin Angela Merkel und zeigt, wie jetzt die Demokratien mit ihrer Meinungsvielfalt und Pluralismus auf dem Prüfstand stehen.

Dass sich jetzt immer mehr Menschen öffentlich getrauen, Theorien zu verbreiten, deren Quellen und Absicherungen mehr als fraglich sind, verblüfft einerseits und überrascht andererseits nicht, denn solche Bewegungen sind immer wieder entstanden, von der Spanischen Grippe, in Zeiten von Kriegen oder nach Umweltkatastrophen.

Doch heute? Noch nie war der Zugang zu Wissen und Bildung so einfach und frei. Die Aufklärung hätte bewirken sollen, sich von Halbwahrheiten, seltsamen Glaubensbkundungen und ungesicherte Thesen befreien zu können. Und was geschieht stattdessen? Menschen gehen lärmend auf die Plätze und Straßen und pauken Meinungen in die Luft, als hätten sie das ganze Wissen der Welt unter ihrem Schädel.

Im sogenannten Zeitalter der Kommunikation fristet nach wie vor eine Kunst ein Schattendasein. Die Kunst, Fragen zu stellen mit dem Ziel, das eigene Verstehen zu optimieren und anzuerkennen, dass diese Fähigkeit nie enden wird.

Urs Heinz Aerni

Die Bilder stammen vom Fotografen Konstanin Weiss von einer Demonstration am 10. Mai 2020 in Zürich.

© Konstantin Weiss, Dottikon (Schweiz) 10. Mai 2020 in Zürich

© Kontantin Weiss, Dottikon (Schweiz) 10. Mai 2020 in Zürich

 

Aernis Depesche mit: Dem Thema Nr. 1, Mineralwasser, Blumensamen, und Wein im Tessiner Fels

Liebe Leserin, lieber Leser

Während die Umweltbelastung zurückgeht, das Gezwitscher lauter und der Pendlerstau kürzer wird, fordern die Airlines staatliche Unterstützung und die Autoindustrie eine Aussetzung der gesteckten Klimaziele.

In den digitalen Foren toben heftige Debatten über den Sinn und Unsinn der rigorosen Maßnahmen gegen das Virus (oder den  Virus, was gemäß Duden auch korrekt wäre). Die einen tun das Virus als durchschnittliche Grippe ab und reden von Durchseuchung, die anderen geben zu bedenken, dass es noch sehr unbekannt sei und so lange es kein Impfstoff dagegen gäbe, jegliche Bagatellisierung eine Verantwortungslosigkeit sei.

Wenn es nicht anders geht und Sie auch dazu was loswerden möchten, dann mailen Sie an ursaerni@web.de (Achtung: es wird veröffentlicht).

 

„Die vierzig Tage der Lagune“

Dieser Roman von Erik Nolmans erschien vor der Pandemie und erhielt eine unglaubliche Aktualität. Das Buch las Manuela Hofstätter und hier finden Sie ihre Meinung dazu:

http://www.berglink.de/manuela-hofstaetter-las-die-vierzig-tage-der-lagune-von-erik-nolmans/

 

Pestizide im Mineralwasser

Die Magazine K-TIPP und SALDO fanden im Mineralwasser Pilzvernichtungsmittel (in der Ausgabe vom 8. April 2020). „Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide“ lautet eine Volksinitiative. Die Abstimmung wurde verschoben, wird aber kommen. Bis dahin wäre noch Zeit für eine Lösungsfindung zwischen dem Bauernverband, den bürgerlichen und wirtschaftsnahen Parteien und den Umweltverbänden. Weitere Details zu dieser Initiative gibt’s hier:

https://www.bk.admin.ch/ch/d/pore/vi/vis471t.html

 

Wiesenblumen

Bis dahin können wir viel Gutes tun. Zum Beispiel Wiesenblumen sähen und Insekten samt Vögel glücklich machen. Aus einer Aktion von BirdLife lagern im Büro des Verfassers dieser Zeilen Umschläge mit entsprechenden Samen. Sie sind gratis zu haben!

Also schreiben Sie Ihre Postanschrift an ursaerni@web.de und Sie erhalten kostenlos so ein Samen-Umschlag.

So bleiben wir agil und aktiv für die Artenvielfalt.

 

„Nichts geht auf die Schnelle“

Die Weinbauern Andreas Meier und Markus Utiger lagerten im Tessiner Gestein Weine aus dem Aargau und dem Burgenland. Im Gespräch geben die beiden über die Vorteile der Magnumgröße, Lager- und Marketing-Trends und ihre Meinung zum Zeitgeist in der Weinkultur Auskunft:

https://www.mittellaendische.ch/2020/02/06/nichts-geht-auf-die-schnelle/

 

Jetzt geht es ans Sortieren der Blumensamen-Couverts und später zum Entkorken eines edlen «Kloster Sion Réserve» vom Weingut zum Sternen, das übrigens noch immer bis 30. April portofrei Wein in alle Himmelsrichtungen schicken, mit Rabatt von 10 % Rabatt mit Hinweis auf diese Depesche: https://www.weingut-sternen.ch/weine/rotweine

 

Machen Sie’s gut und herzliche Grüße

Ihr Urs Heinz Aerni

PS: Haben Sie es auch gemerkt? Genau, diese Depesche kam ohne das Wort «Corona» aus … ups … sorry.

K-TIPP Magazin vom 08.04.2020

Münster Verlag

 

 

Neue Tarife?

Der Himmel über China wird frei, vor den großen Sportstadien kann sich die Polizei das Tränengas sparen, Verbrauch an Erdöl, Benzin und Kerosin sinkt und das Frühlingszwitschern im Wald wird immer lauter. Ob die Virus-Krise für die Natur einen Vorteil herausspielt, wird man sehen. Ein Freund meinte kürzlich in der Kneipe zu den sich zuspitzenden Krisen in Syrien, Irak oder Libyen, dass alle waffenexportierenden Länder, die steuerliche Gewinne durch diese Konflikte machen, einen entsprechenden Anteil an Flüchtlingen aufnehmen müssten. Wie finden Sie die Idee?

Auffallend ist, dass von den Kirchen und Glaubensgemeinschaften zu diesen Viren- und Kriegs-Krisen nichts zu hören ist, auch kein Ton zum Klimawandel und Artensterben. Exklusiv für Sie, habe ich mal bei diversen Religionsgesellschaften angefragt. Hier ein paar Auszüge der erhaltenen Stellungnahmen: «Die wirtschaftlichen und technischen Ursachen des Artensterbens haben eine spirituelle Dimension.» meint die Pressestelle der Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz. Herbert Bodenmann von der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten betont, dass der Fleischverzicht aus gesundheitlichen Gründen auch der Umwelt dient. Übrigens, der Erfinder der Cornflakes, Dr. Kellogg, sei Mitglied dieser Kirche gewesen.

Die Kirche Jesu Christi im Volksmund «Mormonen» gaben keine Antworten und verweisen auf die Website und die Schweizerische Israelitischer Gemeindebund bittet, die Fragen an die einzelnen Gemeinden zu richten. Jürg Stettler von der Scientology Kirche zitiert L. Ron Hubbart: „Der Mensch hat die potenzielle Fähigkeit erreicht, die Erde zu zerstören. Er muss darüber hinaus die Fähigkeit erwerben, die Erde zu retten und dann entsprechend handeln“ und Stettler appelliert an die Eigenverantwortung der Mitglieder. Der Vorsitzender der Chrischona Schweiz, Christian Haslebacher, ist überzeugt, dass «Jesus diese Welt einmal in Ordnung bringen» werde und diesen Zustand sollen die Christen im «Kleinen und Großen vorwegnehmen».

Wir würden in einer «degenerierten Zeit» leben, im sogenannten «Kali-Yuga» gibt Acharya Vidyabhaskar vom Schweizerischen Dachverbands für Hinduismus (SDH) zu verstehen. Die Menschen würden die „Achtsamkeit hinsichtlich der Natur und der tiefsten Sichtweise des Lebens zunehmend vergessen“ aber statt Weltuntergang brächte der Zyklus auch wieder eine gute Zeit.

Zur Verantwortung gehöre auch ein Gebäudeneubau nach den ökologischen Standards, so Thomas Riesel von der Evangelischen-Lutherische Kirche Zürich, verweist zudem auf die Baumpflanzaktion in Äthiopien und hofft, den blauen Planeten so gut es geht, den zukünftigen Generationen zu erhalten. Aus unterschiedlichen Gründen fehlen bis dato noch Stellungnahmen von einigen Kirchen und Glaubensgemeinschaften.

Seit Jahrhunderten gelang es weder der Politik noch der Religion, das Artensterben zu stoppen. Statt Gottvertrauen scheint ein kleines Virus in der Lage zu sein, einen neuen Tarif im Umgang mit der Umwelt durchzugeben.

 

Urs Heinz Aerni