Wenn eine „verlorene Seele“ durch Prediger und Missionare von Süchten befreit wird, ist das ja was Gutes, nicht? Auch wenn die Geld- und Machtgier der großen Religionen die Entwicklung von Zivilisationen eher prägte. Mit heiligen Symbolen, Schwertern und Maschinengewehren wurden ganze Kulturen überrannt und niedergetrampelt. Nicht nur vom Abendland aus Richtung Osten und Süden; unter den Völkern vor der Kolonialzeit und im Altertum sah es nicht anders aus: Kopf ab bei einem Nein zum Übertritt. Überzeugt vom eigenen Weltbild, versuchte der Mensch immer, andere davon zu überzeugen, und wenn dann noch eine Heilshoffnung durch diese Tätigkeit gestärkt wird, erst recht. Es liegt nun mal in seinem Naturell (Gott weiß warum), dass der Mensch erstens nach Antworten und Erlösung sucht, und zweitens, bei deren Fündigkeit, anderen davon enthusiastisch Mitteilung machen will. Dann nistet sich die Mehrheit in einen kuscheligen Glauben, der für alles eine Antwort weiß. Oft ist die Suche dann abgeschlossen, und der Absolutheitsanspruch würgt jegliches bescheidene Weiterfragen- oder gar suchen ab. Die Gründer von Religionen und Glaubensbewegungen wünschten nun mal das Weitersagen ihrer Botschaften, und wenn das heute Missionare zwischen Steppen und Dschungel, in Einkaufsstraßen oder vor Kameras tun, kommt dann und wann eine gestrandete Seele vom Alkohol oder Glücksspiel los. Gut und schön. Nur die Frage, warum er zur Sucht gekommen ist, könnte uns wieder zum Anfang eines Kreislaufes führen: Siehe oben.
Der passende Buchtipp: „Religion, Gewalt und Krieg“ von Heinz-Günther Stobbe, Kohlhammer Verlag