Lernen aus einem großen Denkfehler der SBB?

Soviel ich weiß, möchte die SBB (Schweizerischen Bundesbahnen) noch immer die mobile Minibar abschaffen, aus Gründen der unzureichenden Rentabilität. Warum sind solche Entscheide ein Riesenfehler?

Nehmen wir als Beispiel ein Hotel. Die Gäste freuen sich auf ein breites Angebot an Service und Einrichtungen wie Wellness, Hallenbad, Bikes, Abendessen, Zimmerservice, Lobby, Fitnessraum, Billard oder Ausflüge mit Guide. Die Auswahl und die Aussicht, das alles benutzen zu können ohne zu müssen, beglückt den Gast und befeuert die Vorfreude. Was aber, wenn der Gast in seinem Urlaub mal den Pool nicht benutzt, dafür zwei Ausflüge bucht? Oder er ginge dreimal Billardspielen aber nie ins Hamam? Würde deshalb der Pool trockengelegt und das Hamam zugesperrt werden? Mitnichten!

Weil der Pool oder das Hamam oder sonst ein Angebot in sich selber nicht rentabel sein muss. Alle Optionen gehören zum Gesamtbild des Hotels. Dieses Gesamtkonzept definiert ein Label, eine Marke mit einer ausstrahlenden Attraktivität, die entsprechend wirkt und Kundschaft generiert. Dasselbe gilt für Destinationen, Regionen ja sogar Kantone. Sogenannte strukturarme dafür naturreiche Gegenden müssen für das Label Graubünden mit urbanen und mainstreamigen gekoppelt und als Ganzheit angepriesen werden. Denkte jedes Tal im Alleingang ans liebe Geld, würde es zur totalen Verschandelung der Landschaft führen, die weder Biker, Snöber noch Naturfreunde und Wanderer locken könnte. Wenn Konzerne wie die Bahn für jeden einzelnen Service eine eigene Rendite erwirtschaften wollten, dann verlöre das Reisen mit dem Zuge den Ruf, von dem sie bisher lebten.

Erschienen in der Bündner Woche

Der passende Buchtipp: „Nachhaltigkeits-Marketing-Management“ von Christin Emrich, Verlag De Gruyter

Werbung

Brauchen wir Helden?

 

Der Gang zum Kiosk war für mich als Kind jeweils ein Ritual mit großer Vorfreude. Ich guckte hoch zur Dame, der Königin der vielen Comicshefte um sie herum. Sie reichte mir feierlich entweder Bessy, Asterix, Superman oder das Zack mit Leutnant Bluberry und Michel Vaillant. Sie retteten uns kleinen Jungs damals nicht nur die Welt, sondern auch den verregneten Mittwochnachmittag.

Helden brauchen wir dann, wenn wir überfordert, verzweifelt und hoffnungslos sind. Helden werden durch Elend und Not geboren oder produziert. Wann braucht es sie nicht? Wenn Machtlosigkeit durch Wissen, Eigenverantwortlichkeit, Kreativität, Mut, Aktivität und Courage verhindert oder umgangen werden kann. Seit der Aufklärung schienen die Chancen gegeben zu sein, von Theokratien und Monarchien abzurücken um sich der Demokratie hin zu entwickeln. Es war Zeit, jedem Einzelnen mehr Verantwortung und Mitspracherecht zu übergeben. Nach dem Wahn von Diktatoren, die zu Weltkriegen, Arbeitslagern und Hirnwäsche führte, schimmerte am Horizont die Hoffnung auf Vernunft und Differenzierung. Was passiert nun?

In der Türkei hieven die Massen einen Machtbesessenen in den Palast, der iliegalerweise in einem Naturschutzgebiet steht. In den USA wird ein polternder Selbstdarsteller ins Weiße Haus gewählt. In Italien glaubten viele das, was ein Macho durch seine eigenen Sender plärrte. In Russland wird nach dem Zarenterror einen neuen Zaren mit Krawatte verehrt. In Deutschland bringt es ein Mann fertig, mit lauten Reden, die Wähler in Rage zu bringen obwohl sein Programm aus dem besteht, was andere schon versprechen. In der Schweiz verlernt man hoffentlich nicht das Zuhören, Abwägen und das Entscheiden im Interesse für Mensch und seine Umwelt. Wenn doch, dann kaufe ich mir am Kiosk meinen Superman.

 

Der Beitrag erschien auch in der Zeitung Bündner Woche