Warum malen Sie mit Flüchtlingen?

Claudia Zürcher ist Kunsttherapeutin und malt mit Flüchtlingen. Sondierung.com stellte ihr Fragen.

 

Urs Heinz Aerni: Sie sind Kunsttherapeutin. Mann nennt es auch begleitetes Malen. Wer sind Ihre Kunden und warum kommen sie zu Ihnen?

Claudia Zürcher: Die kunsttherapeutischen Methoden, mit denen ich arbeite, heißen „Personenorientiertes Malen“ und „Lösungsorientiertes Malen“, die auf dem humanistischen Modell nach Carl Rogers basieren. In mein Malatelier im aargauischen Berikon kommen Menschen, die an sich arbeiten wollen, etwas in ihrem Leben verändern möchten. Sie kommen aber auch mit ganz konkreten Anliegen, einem Symptom wie zum Beispiel Schlafstörungen, Ängste, Beziehungsprobleme.

Aerni: Aber auch Kinder malen bei Ihnen?

Züricher: Richtig, ich biete einen Malnachmittag für Kinder an, bei dem es mehr um pädagogische Aspekte und Entwicklungsförderung geht. Ich arbeite aber auch einmal wöchentlich in einem Flüchtlingszentrum in Bremgarten AG, wo eine Kollegin und ich in einem ambulanten Malatelier den meist traumatisierten Menschen die Möglichkeit zum nonverbalen Ausdruck übers Bild geben.

Aerni: Auf das kommen wir noch zu sprechen. Was kann Malen, was die Sprache nicht mehr kann?

Zürcher: Das therapeutische Malen ist eine langsame Aktivität, bei der nicht nur der Intellekt gefordert wird, sondern auch Körper und Gefühle mit einbezogen werden. Malen fördert die Vernetzung der Gehirnhälften. Wir gehen davon aus, dass ein Mensch auf gleiche Art und Weise ein Bild gestaltet, wie er an Aufgaben im Leben herangeht. Deshalb können beim therapeutischen Malen Verhaltensmuster entdeckt und Entscheidungen auf dem Bild in einem sicheren Rahmen gewagt und geübt werden.

Aerni: Und bei den Flüchtlingen?

Zürcher: Bei der Arbeit mit ihnen fehlt oftmals die gemeinsame Sprache. Durch das Malen können die Flüchtlinge auch ohne Worte ihre Geschichten erzählen, sie verarbeiten und Neues gestalten. Das therapeutische Malen aktiviert Selbstheilungskräfte und trägt so zur Bewältigung ihrer aktuellen Situation bei.

Aerni: Wie sind Sie auf diese Idee gekommen auch mit Flüchtlingen zu arbeiten?

Zürcher: Die Kunsttherapie bietet vielfältige Möglichkeiten und lässt sich auf unterschiedlichste Bedürfnisse zuschneiden. Auf die Idee, mit Flüchtlingen zu malen, kam ich durch den Vortrag einer Mitstudentin am Humanistischen Institut für Kunsttherapie über ihre Arbeit für den gemeinnützigen Verein Flüchtlinge Malen. Eine in Bremgarten wohnhafte Dozentin machte mich darauf aufmerksam, dass ich im Zentrum für Asylsuchende in Bremgarten dasselbe anbieten könnte.

Aerni: Welche Erfahrungen machten Sie mit ihnen bis jetzt?

Zürcher: Ich gehe nach einem Malnachmittag mit den Flüchtlingen ziemlich müde, aber glücklich nach Hause. Manchmal kommen mehr Menschen, als der Malraum fassen kann. Dann sind meine Kollegin und ich vor allem damit beschäftigt, die Malenden mit den benötigten Farben zu versorgen, sie bei Bedarf technisch zu unterstützen, fertige Bilder entgegen zu nehmen, Malende zu verabschieden und neu Hinzugekommene zu begrüßen. Dann bleibt uns für die einzelnen Malenden wenig Zeit. Wenn es weniger voll ist, verweilen die Malenden oft länger, malen mehrere Bilder und scheinen den zwischenmenschlichen Kontakt zu schätzen.

Aerni: Wie reagieren sie denn aufs Malen?

Zürcher: Manche öffnen sich und können Emotionen zulassen, während andere still für sich malen. Manche summen leise vor sich hin. Meist herrscht eine fröhlich angeregte Stimmung unter den Malenden. Wir freuen uns immer, wenn eine Person mehrmals wiederkommt. Dann können wir auch Veränderungen feststellen, zum Beispiel wenn anfangs verschlossene und ängstliche Menschen beginnen, sich zu öffnen, sich mehr zuzutrauen.

Aerni: Wie gehen Sie mit den Erlebnissen um?

Zürcher: Ich werde oft gefragt, wie ich dieses geballte Flüchtlingselend ertragen könne. Mitfühlen heißt nicht mitleiden. Ich kann keine Verantwortung für ihr Leben und ihre Zukunft übernehmen. Mich berühren ihre Bilder und Erzählungen sehr, aber sie gehören ihnen und nicht mir. Wir Kunsttherapeutinnen möchten den Malenden echten Kontakt anbieten, uns ihre Gesichter merken, uns an ihre Bilder und wenn möglich ihre Geschichten erinnern. Wenn sehr viele Menschen unterschiedlichster Nationalitäten kommen – manchmal sind darunter auch kleine Kinder – wird es für uns schwierig, den verschiedenen Bedürfnissen gerecht zu werden.

Aerni: Erleben Sie auch Konflikte?

Zürcher: Es kommt auch vor, dass ein Malender frustriert den Raum verlässt und sein angefangenes Bild liegen lässt. Das lässt sich leider nicht verhindern, da wir uns ja nicht aufteilen können. Als Gedächtnisstütze, zur Qualitätssicherung und zur Verarbeitung der Erfahrungen fotografieren wir jedes Bild und halten in einem Protokoll unsere kunsttherapeutischen Beobachtungen und Interventionen zu den einzelnen Bildern fest.

Aerni: Sehen Sie hier noch Potenzial und warum?

Zürcher: Die Flüchtlinge sind entwurzelt, haben keinerlei Privatsphäre, verstehen unsere Sprache nicht, sind erschöpft und traumatisiert. Die Zukunft ist ungewiss, Perspektiven fehlen meistens. Gleichzeitig haben sie kaum Möglichkeiten, sich zu beschäftigen. Es wäre schön, wenn auch in anderen Flüchtlingszentren therapeutisches Malen angeboten werden könnte, denn es leistet einen Beitrag zur persönlichen Stabilität der Malenden und damit auch zu einem weniger krankheitsanfälligen und konfliktfreieren Klima in den Zentren.

Aerni: Wie werden Sie unterstützt?

Zürich: Wir würden Bremgarten gerne noch einen weiteren Nachmittag, insbesondere für Kinder, anbieten, wenn wir eine Finanzierung dafür finden würden. Ein kleiner Teil unserer Arbeit wird über Spenden finanziert, das meiste leisten wir bisher aber ehrenamtlich.

 

Weiterführende Links mit Informationen:

Claudia Zürcher Malatelier 8

Humanistisches Institut für Kunsttherapie

Marc Ballhaus im Gespräch mit Prof. Dr. Karl-Heinz Menzen über Kunstherapie

 

Werbung

„Bitte nicht ans Meer“

Die besten Texte aus dem Blog von Daniela Jäggi mit Themen, die uns alle angehen. Aus der pointierten und ehrlichen Sicht einer Mutter, Mode-Expertin und Unternehmerin, die zudem immer mehr in Hamburg anzutreffen ist…

Urs Heinz Aerni: Daniela Jäggi, nach Lebensjahren als Ehefrau, Mutter und Geschäftsfrau scheint es, dass das Schreiben Sie nun endgültig gepackt hat. Was passiert mit Ihnen, beim Verfassen von eigenen Sätzen?

Daniela Jäggi: Ich lebe in der Geschichte, die ich gerade schreibe. Dabei sehe ich mich durch die Sätze gehen und bin in der Buchstabenwelt, ziemlich weit weg von der Realität.

Tschüss alte Welt?

Ja, das tut gut. Es fühlt sich an wie das Eintauchen in einen Film. Ich sehe was passiert und beschreibe es. Ich lebe in der jeweiligen Geschichte. Dieses Gefühl liebe ich, seit ich einen Stift in der Hand halten kann. Diese Bilder im Kopf und die Phantasie gehören beim Schreiben nur mir.

Aber Sie schreiben es ja auf, so dass es andere mitlesen können…

Richtig, dabei überlege ich auch nicht, wer nun was denkt, wenn er meine Zeilen liest. Das würde den Schreibfluss blockieren. In meiner Buchstabenwelt gelten meine Regeln, und das ist gut so.

Zuerst sind Ihre Texte digital als Blog erschienen und nun viele davon als gedrucktes Buch. Was kann ein Buch, was das Web nicht kann?

Das Buch kann in die Handtasche gepackt werden und es ist für jeden einfach zu handhaben. Es braucht weder Strom noch besondere Kenntnisse. Im Bett dient es als Abendlektüre, auf dem Liegestuhl zur Auflockerung. Es ist pflegeleicht, und wenn es gelesen ist, passt es perfekt ins Bücherregal. Dort steht es jederzeit bereit, um wieder als praktischer Begleiter in den Einsatz zu kommen.

Das war eine Laudatio fürs Gedruckte…

Ach ja: Es macht dieses schöne Geräusch, wenn man darin blättert; eben anders, als das geräuschlose Surfen im Netz! Wer möchte, kann es ans Ende der Welt in den Dschungel mitnehmen – es braucht keinen Internetzugang, um gelesen zu werden. Es riecht nach Papier, und es kann wunderbar als Geschenk verpackt werden.

Sie beobachten und kommentieren, manchmal zwinkernd, verärgert und kritisch, aber stets mit Eigenironie. Kann sich der Blick auf die Umwelt durch das Schreiben verändern?

Und wie! Für mich wird alles sehr viel einfacher, wenn ich schreibe. Und ich nehme das Leben viel gelassener. Dabei habe ich mich aber bewusst entschieden, aktuelle Schreckensnachrichten nicht zum Thema zu machen.

Warum?

Das tun die Tagesmedien schon. Ich versuche Alltagsgeschichten so zu verpacken, dass sich jeder darin irgendwo wieder findet. Die Reaktionen zeigen, dass die Menschen diese Sicht auf die Welt offenbar genauso mögen wie ich. Man soll den Alltag schließlich nicht unnötig schlechter machen, als er ist. Und ein Augenzwinkern muss Platz haben, jeden Tag. Wie trist wäre unser Leben sonst.

Sie tun es täglich, das Schreiben. So zu lesen auf Ihrem Blog, es mache Spaß und Sie würden gerne übertreiben. Beschreiben Sie uns Ihren Schreibort, wie sieht der aus?

Hell, zufrieden und gemütlich. Ich schreibe zu Hause, ab und an auch in den Ferien. Wichtig ist, dass ich mich beim Schreiben wohl fühle, egal wo dies gerade ist. Es kann schon mal vorkommen, dass ich stundenlang ohne das kleinste Nebengeräusch schreibe. In der Regel fällt mir das erst auf, wenn mich die Türklingel oder das Telefon zurück ins Wohnzimmer holt. Fast alle Geschichten entstehen schlussendlich nämlich genau dort: Im Wohnzimmer, am Esstisch, mit meinem Kaffee, einer Flasche Mineralwasser und meinen Notizen.

Sie sind nun auch oft in Hamburg anzutreffen. Was zieht eine Bloggerin und Autorin aus der schönen Schweiz in den Norden Deutschlands?

Nun ja – in erster Linie die Tochter, die in Hamburg studiert. Ansonsten aber die wunderschöne Stadt, welche alles bietet, was man sich nur wünscht. Von Stadtflair über Gourmetkünste aus jedem nur erdenklichen Land. Von Kultur in größter Auswahl bis hin zu Natur in allen nur erdenklichen Formen. Und es hat keine Berge.

Bitte?

Ja, wie schön – es ist nämlich so einfach, zu Fuß überall hin zu kommen. Topfeben und wunderbar abwechslungsreich. Zudem sind die öffentlichen Verkehrsmittel in Hamburg so gut wie immer im Einsatz – man muss also nicht Stunden zuvor schon planen, wann man nun wie wohin gelangen möchte. Mit dem Laptop unterm Arm bieten sich dort täglich unendlich viele Geschichten an. Was will man mehr?

Könnte man eigentlich gleich in einem Tourismus-Prospekt abdrucken. Wo bestehen denn für Sie die größten Unterschiede zwischen der Solothurnischen und der Hamburgerischen Mentalität?

Die Hanseaten sind – abgesehen von den Österreichern – wohl das unkomplizierteste Multikultivölkchen, das ich kenne. Total unverkrampft, witzig und frei Schnauze. Sie haben Witz, nehmen sich selber nicht so ernst und sind offen für Neues. Das sind eigentlich schon die frappantesten Defizite der Solothurner – dem gibt es eigentlich nichts mehr anzufügen … außer, dass es auch in good old Solothurn Ausnahmen gibt (lacht).

Immer wieder ist zu hören und zu lesen, dass sich die Schweizer mit der Deutschen Art des Umgangs schwer tun. Woher kommt das aus Ihrer Sicht?

Aus der Geschichte, die man nun wirklich endlich ruhen lassen sollte. Und möglicherweise aus der forschen und lauten Art mancher Deutschen, mit welcher die diplomatischen und angepassten Schweizer schlecht umgehen können. Wir Schweizer sind doch immer sehr defensiv und reden immer um den heißen Brei – die Deutschen sind laut, forsch und sagen, was sie denken. Das ist wohl das Problem für viele im Umgang miteinander…

Was bei Ihnen anders ist…

Ich mag diese Art und habe deshalb damit überhaupt keine Probleme.

Nun sind Sie auch oft in Hamburg zu Besuch und kennen die Stadt. Was würden Sie einem Gast als erstes zeigen und wohin würden sie mit ihm eher nicht gehen?

Ich würde ihm den Hafen, die Speicherstadt, die tollen Shoppingmöglichkeiten rund um den Gänsemarkt, den Hagenbecker Zoo, die Musicals, die sündige Meile auf St. Pauli und Eimsbüttel, mein Lieblingsquartier. Eher weglassen würde ich die Szene um den Hauptbahnhof und Altona – diese Orte finde ich nicht so toll.

Bereits arbeiten Sie an einem zweiten Buch. Werden wir darin auch Ihre Eindrücke in Deutschland lesen können?

Eher nicht, da ich versuche, mich in meinen Geschichten im Buch nicht auf Orte oder bestimmte Tage und Zeiten festzulegen. Diese Geschichten sollten immer funktionieren. Aber auf dem Blog findet man diverse Stories über Hamburg.

Gäbe es Hamburg nicht, wo würden wir Sie finden und warum?

Zuhause, oder in Österreich. Ich bin keine Weltenbummlerin – mein Radius ist relativ klein aber dafür umso schöner. Hauptsache, man schleppt mich nicht auf eine Insel oder ans Meer – das finde ich grausam langweilig.

Wenn ich ein Bild mit einem lesenden Menschen mit Ihrem Buch in den Händen malen würde, wie müsste es aussehen?

Hell und freundlich. Keine dunklen Farben. Vor meinem geistigen Auge sehe ich ein Haus im Chalet-Stil, vor welchem eine Sitzbank aus Holz steht. Dort sitzt ein zufriedener Mensch mit meinem Buch. Fernab von Lärm und Hektik. Mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht. Das Bild dürfte auf keinen Fall modern sein, das würde nicht zu mir passen. Mir ist bewusst, dass dies wie ein Widerspruch zum Thema Blog steht, aber gerade deswegen erscheinen meine Geschichten auch in Papierform.

Das Buch: Daniela Jäggi: „von süß bis ungenießbar“, Der Blog, wie gedruckt, Rothus Verlag, 2015

Daniela Jäggi (geboren 1967) ist Familienfrau und Unternehmerin. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren erwachsenen Kindern am schweizerischen Jurasüdfuß. Als Bloggerin lebt sie täglich ihre Liebe zum Schreiben aus. www.modepraline.com

Jäggi und Aerni beim Gespräch images

Rückblick 2015

Eröffnet hat die Literaturtage in diesem Jahr der Tiroler Autor Thomas Schafferer, der durch seine Vielseitigkeit und Innovation besticht, begleitet wurde er von Wolfgang Peer am Akkordeon. Im Anschluss zeigten Ralf Schlatter und Musiker Michael Wernli wie unterschiedlich eben doch Literaturschaffen sein kann, eine Bestätigung der literarischen Mannigfaltigkeit.

Die Mischung aus Internationalität und verschiedener literarischer Genres bestimmte auch in diesem Jahr das Festival: Nouri Al-Jarrah beispielsweise, ein in London lebender Dichter aus Syrien, war Gast des Klangspuren-Abends. Die anspruchsvolle Komposition „stele.blut“ von Hannes Kerschbaumer bot, verknüpft mit einer zweisprachigen Lesung aus Al-Jarrahs Werk, Impressionen des Schreckens in Syrien. Nach dem Konzert stellte sich die israelische Autorin Lizzie Doron Al-Jarrah mit einer Umarmung vor: „Hi, I’m Lizzie Doron, I am from Israel, we are neighbours.“

Amina Abdulkadir, eine aus Somalia stammende Schweizerin, präsentierte ihr Debüt „Alles, nichts und beides“ mit Texten, die nicht im Buch sind. Der Grund: „Dann hätten Sie es ja schon gelesen.“ Zum Abschluss führte sie das Publikum in die Höhen der griechischen Mythologie, um als personifizierte Helvetia zu landen: „Offensichtlich mit Ovomaltine im Blut.“

Nicht nur in seinen Gedichten, auch sein neuester Roman „Freie Folge“ zeugt von der ganz besonderen lyrischen Stimme von Thomas Kunst. Der im deutschsprachigen Raum wenig bekannte, in Paris lebende Autor Francis Combes ist für Organisator Heinz D. Heisl „die stille Kanone der Poesie“. Da sein einziges ins Deutsche übersetzte Werk „Maskenball auf Minitel“ längst vergriffen ist, wurden für seine Lesung aktuelle Texte ins Deutsche übertragen.

Die US-amerikanische Beat-Szene bekam mit John Giorno und Udo Breger eine Bühne. In seinem unveröffentlichten Text „Road Stops” beobachtet Breger distanziert die Beat-Szene in Europa und Amerika seit den 60er Jahren. Der 78-jährige John Giorno aus Manhattan, eine Ikone der Pop Art und eines der größten Vorbilder für die Spoken Word- und Slam-Gemeinde, bannte mit seinem für die Beat-Bewegung eigenen Duktus das Publikum.

Am Büchertisch wurde das Werk von Joachim Zelter eifrig nachgefragt, bei den Lesungen beeindruckte er mit einer Mischung aus Vortragskunst und auf den Punkt formulierter Satire. Zum Glück seiner Leser wollte Zelter, wie er bei einem Gespräch erzählte, den Germanisten in sich abschütteln und sei darum Schriftsteller geworden. Unterhalten hat auch der österreichische Sprach-Experimentator und Wortjongleur Walter Pilar, er erweckte bei seinem Auftritt einen brünftigen Zwölf-Ender zum Leben.

Arno Camenisch, in der Schweiz bereits ein Hype, in Österreich endlich entdeckt, überraschte mit seiner graubündnerischen Sprachmelodie und kritischen Tönen zu den unabsehbaren Folgen der urbanen Prägung der Bergwelt.

Sprachsalz-Abend
Einen kleinen Auszug aus ihrem Werk boten am Sprachsalz-Abend eine Reihe von Autorinnen und Autoren, die bereits tagsüber zu hören waren, darunter Peter Bichsel, der auch bei seiner Lesung am Sonntag Nachmittag das Publikum verzauberte. Der 80-jährige Schweizer Autor begeisterte mit jungenhaftem Charme und seinem unübertroffenen Stil: „Ich bin sehr stolz darauf, dass ich zum zweiten Mal hier sein durfte. Sprachsalz ist bald die einzige Sache, die unverändert wunderbar bleibt.“

Überraschungslesung
Der mit Spannung erwartete Überraschungsgast war Michail Schischkin. In 30 Sprachen übersetzt, gehört er zu den wichtigsten zeitgenössischen Schriftstellern russischer Sprache. Er las aus einem unveröffentlichten Manuskript mit dem Titel „Die Eroberung Izmails“.

Sprachsalz-Club
Spannend und thematisch vielschichtig waren die vier Sprachsalz-Club-Gespräche. Der 1921 geborene Schriftsteller und Fernsehjournalist Georg Stefan Troller emotionalisierte das Publikum im Gespräch mit Felix Mitterer. Er präsentierte druckreif seine Geschichte – die Exilierung, sein Leben in Paris, die Faszination des filmischen Dokumentierens. Am Samstag leitete Alexander Kluy den zweiten Club. Auf der Bühne konnte man Peter Bichsel, Walter Pilar und nochmals Georg Stefan Troller erleben. „Überleben des Lebens“ war das Thema der ehrwürdigen Altherrenrunde und zeigte Parallelen und Widersprüche auf. Der Publikumsmagnet Lizzie Doron schaffte es, im Sprachsalz-Club-Gespräch mit Irene Heisz die Absurdität des Nahost-Konflikts zu verdeutlichen. Zahlreiche Festivalbesucher hatten im Anschluss das Bedürfnis, das Gespräch mit ihr zu suchen. Im abschließenden Club am Sonntag Vormittag suchte Alexander Kluy mit Joachim Zelter, Thomas Schafferer und Amina Abdulkadir Antworten auf die Fragen nach Ideenfindung, dem Schreibprozess und nachhaltiger Zufriedenheit mit dem eigenen Text.

Sprachsalz-Spezial
Die letzte Veranstaltung des diesjährigen Sprachsalz-Festivals war Ernst Jandl gewidmet, der dieses Jahr 90 Jahre alt geworden wäre. Ariela und Thomas SarbacherPetra Rohner und Peter Schweiger präsentierten mit „szenen aus dem wirklichen Leben/Die Humanisten“ eine Hommage an den Wiener Meister des Sprachexperiments.

Die ganz jungen Besucher konnten bei Sprachsalz-Mini unter der Anleitung vonChristian Yeti Beirer eigene kleine Bücher und Lesezeichen herstellen und bekamen insgesamt sechs Extra-Lesungen von den Sprachsalz-Autorinnen und Autoren geboten.

Der Tiroler Wortkünstler Wilfried Schatz präsentierte im Foyer komische und nachdenkliche Wortkreationen und die Pforzheimer Künstlerin Anina Gröger zeichnete mit ihren Lesehintergründen für die künstlerische Gestaltung der Bühnen in den jeweiligen Sälen verantwortlich.

Alle Spenden bei Sprachsalz 2015 werden an die Innsbrucker Gruppe Freedomseekers überwiesen, um deren (Kultur-)Arbeit mit Flüchtlingen zu unterstützen (über 1.500 Euro).

Die 14. Literaturtage Sprachsalz finden von 16. bis 18. September 2016 statt. Erstmalig gibt es vom 6. bis 8. Mai 2016 auch eine Sprachsalz-Ausgabe in Pforzheim/Deutschland, Details folgen.

http://www.sprachsalz.com
WEBLOG: http://www.sprachsalz.com/weblog/

Den Bericht von Fernsehen ORF sehen Sie hier…

SPRACHSALZ AUTORINNEN und AUTOREN 2015

 

FÖRDERER, SPONSOREN, PARTNER:
Kooperationspartner: Medienturm Ablinger.Garber, Klangspuren
Hauptsponsoren: Stadt Hall, Land Tirol, Bundeskanzleramt KUNST, Parkhotel Hall, Bank Austria
Weitere Sponsoren und Partner: Kulturregion Hall-Wattens, Kultur.Tirol, KulturKontakt Austria, ParkIn Hall, Pro Helvetia, Retterwerk Mercedes, Restaurant Welzenbacher, Tirol Kliniken Hall, Tiroler Versicherung, Tiroler Tageszeitung, Der Standard, Innsbrucker Zeitungsarchiv IZA, Literar mechana, ULB Universitäts- und Landesbibliothek, Schweizerische Eidgnossenschaft – Schweizer Botschaft in Wien, Fondation Bartels Basel, Lampe Reisen, Wiederin Buchhandlung